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Urteil: Polizeipräsident kein enger Berater der Regierung

Urteil : Polizeipräsident kein enger Berater der Regierung

Der Fall des ehemaligen Kölner Polizeipräsidenten könnte Folgen für die Rolle von politischen Beamten in Nordrhein-Westfalen haben. Nach Einschätzung der obersten NRW-Verwaltungsrichter werden diese Posten von der Politik in zu großer Zahl vergeben.

Die in Nordrhein-Westfalen gängige Praxis, die Posten der Polizeipräsidenten mit politischen Beamte zu besetzen, ist nach einer Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts in Münster ein Verstoß gegen das Grundgesetz. Deshalb setzte das OVG am Mittwoch nach einer mündlichen Verhandlung den Streit um die Versetzung des ehemaligen Kölner Polizeipräsidenten Wolfgang Albers vorerst aus. Das OVG legte die Frage jetzt dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe vor.

Albers, Jahrgang 1955, hat das Ruhestandsalter längst erreicht, arbeitet aber nach einer Aussage noch als Anwalt in einer Kanzlei im Rheinland. Seit Jahren klagt er gegen seinen vorzeitigen Ruhestand, nachdem ihn die rot-grüne Landesregierung im Januar 2016 nach den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/2016 mit zahlreichen sexuellen Übergriffen gegenüber Frauen auf der Kölner Domplatte von seiner Aufgabe entbunden hatte.

Anke Schulte-Trux, Vorsitzende Richterin des 6. OVG-Senats, betonte in der mündlichen Verhandlung, dass das Gericht Albers Klage ohne die geäußerten Verfassungsbedenken abgewiesen hätte. Das Land habe nach den Landesvorgaben rechtmäßig gehandelt.

Das gestörte Vertrauensverhältnis nach der Silvesternacht sei durchaus nachvollziehbar. Auch wenn es dabei nicht um persönliche Fehler des damaligen Spitzenbeamten gehe. Das Land habe vor dem nächsten anstehenden Großereignis, dem Karneval, zu Recht Sorge gehabt, dass die Bevölkerung in Köln Zweifel an der Amtsleitung hat.

Albers stellte sich vor der mündlichen Verhandlung mit schwarzem Mund-Nase-Schutz den Kameras der Medien. Während der juristischen Diskussion ließ er ausschließlich seinen Rechtsanwalt reden. Schnell dürfte dabei dem klagenden Juristen klar geworden sein, dass das OVG in Sachen Verfassung zu seinen Gunsten argumentiert. Schulte-Trux berief sich dabei auf zwei Entscheidungen aus Karlsruhe, bei der es um die unterschiedlichen Rollen von Beamten und politischen Beamten geht.

Die einen beschäftigt der Staat grundsätzlich auf Lebenszeit, die anderen können jederzeit ohne Angaben von Gründen in den Ruhestand geschickt werden. Die einen seine ein tragendes Element des Rechtsstaates, während politische Beamte an Schlüsselstellen politische Ämter bekleiden. Hier muss der Kreis der Ämter laut Karlsruhe aber sehr eng gefasst sein.

Das OVG äußerte Zweifel, dass das aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts in NRW entsprechend umgesetzt werde. Allein die große Zahl von 18 Polizeipräsidenten würde da Zweifel aufwerfen. Würden dann die Berater der Landesregierung dazugerechnet, „kommt ja fast eine ganze Schulklasse zusammen“, sagte Schulte-Trux.

Das OVG betonte, dass ein Polizeipräsident eben nicht die Aufgabe habe, politische Ziele an der Nahtstelle zwischen Politik und Verwaltung umzusetzen. Das würde schon daraus deutlich, dass in den kreisfreien Städten Polizeipräsidenten für die Kriminalitätsbekämpfung, Gefahrenabwehr und die Verkehrspolizei zuständig sei, während diese Aufgabe in den Kreisen von den gewählten Landräten übernommen werden. Diese seien zum Teil Vertreter von Parteien, die nicht in der Landesregierung seien.

Albers hatte bereits in der Vorinstanz vor dem Verwaltungsgericht Köln darauf verwiesen, dass er in seiner Rolle als Polizeipräsident kein einziges Mal in beratender Funktion in einem Ministerium war. In Düsseldorf sei er höchsten zu Treffen der Ämterkollegen gewesen.

(dpa)