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Kehrtwende: NRW-Regierung will Flächenverbrauch wieder senken

Kehrtwende : NRW-Regierung will Flächenverbrauch wieder senken

Erst macht die Landesregierung den Weg für mehr Flächenverbrauch frei. Nun rudert Schwarz-Gelb wieder zurück. Denn auch im Umweltministerium weiß man: Flächen sind endlich.

Nach der umstrittenen Abschaffung der Flächensparvorgaben will die schwarz-gelbe Landesregierung den Flächenverbrauch in Nordrhein-Westfalen jetzt doch eindämmen. Unter anderem sollten ein Brachflächen-Kataster und ein Flächen-Zertifikatehandel unter Kommunen entwickelt werden, sagte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) am Mittwoch in Solingen. Dazu habe das Kabinett ein Maßnahmenpaket beschlossen. „Fläche ist endlich“, sagte sie. Unterschiedliche Ansprüche führten zu Nutzungskonflikten und ließen die „natürliche Ressource Boden“ immer knapper werden.

Im 2019 beschlossenen Landesentwicklungsplan (LEP) hatte die Landesregierung die bisherige Obergrenze beim Flächenverbrauch abgeschafft. Seither dürfen mehr als fünf Hektar freie Fläche pro Tag in NRW für den Bau von Straßen, Häusern und Gewerbe verbraucht werden. Die Grünen hatten vor einem „ungezügelten Flächenfraß“ gewarnt. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat beim Oberverwaltungsgericht Münster gegen den LEP geklagt.

Brachflächen sollen nach Worten von Ministerin Heinen-Esser künftig verstärkt für die Ansiedlung von Unternehmen oder neuer Wohngebiete genutzt werden. Dafür seien dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung zusätzlich sieben Millionen Euro zur Verfügung gestellt worden. „Von gestern sind große eingeschossige Hallen auf der grünen Wiese mit riesigen Parkplätzen davor“, sagte die Ministerin. Zukunft hätten vielmehr Parkhäuser unter solchen Hallen sowie begrünte und mit Photovoltaik ausgestattete Dächer.

Die NRW-Umweltverbände kritisierten, das Paket der Landesregierung enthalte „überwiegend Placebos“ und löse nicht das Problem des weiterhin fortschreitenden Flächenfraßes. Im Durchschnitt gingen in NRW Tag für Tag noch immer etwa 12 Hektar Freiraum durch neue Wohn- und Gewerbegebiete, Straßenbau, Tagebau, Kies-Abbau und andere Abgrabungen unwiederbringlich verloren. Die Abschaffung der Flächensparvorgaben habe dazu erheblich beigetragen.

Auch der Bauernverband hatte der Landesregierung schon im März Fahrlässigkeit vorgeworfen. Mit der Streichung des Fünf-Hektar-Zieles aus dem Landesentwicklungsplan hätten CDU und FDP eine große Chance vertan.

Für die Landwirtschaft sei der Boden der zentrale Produktionsfaktor, sagte Heinen-Esser. Allerdings treibe die Konkurrenz auf dem Grundstücksmarkt die Preise für landwirtschaftlich genutzte Flächen in einigen Regionen von NRW „in unverschämte Höhen“. Nutzungsansprüche gingen überwiegend zu Lasten der landwirtschaftlichen Flächen.

Aktuell bestehen nach Angaben des Ministeriums gut drei Viertel der Landesfläche aus mit Pflanzen aller Art bewachsenen sogenannten Vegetationsflächen. 23,6 Prozent sind Siedlungs- und Verkehrsflächen und 1,8 Prozent Gewässer. Die Vegetationsflächen bestehen mit 47 Prozent fast zur Hälfte aus landwirtschaftlichen Flächen.

(dpa)