Forderungen für das Wahljahr : NRW-Minister Wüst warnt Union vor zu viel Selbstsicherheit
Düsseldorf NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst gilt als möglicher Nachfolger von Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet - sollte dieser Kanzler werden. Nun lässt der 45-jährige Minister mit einer geharnischten Ermahnung der Union aufhorchen.
Nach fragwürdigen Geschäften mit Corona-Schutzmasken und Problemen bei der Impf- und Testkampagne hat Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) die Union vor zu viel Selbstsicherheit im Superwahljahr 2021 gewarnt. „Dem einen oder anderen in der Union, der sich zum Jahreswechsel noch selbstsicher in den Berliner Sesseln der Macht fläzte, sollte es langsam dämmern: Dieses Wahljahr wird kein Spaziergang“, schrieb Wüst in einem Gastbeitrag für die Düsseldorfer „Rheinische Post“ (Dienstag). „Und es ist alles andere als sicher, dass auch am Ende des Jahres wieder Christdemokraten auf den Berliner Regierungsbänken sitzen“.
Der 45-Jährige aus dem Münsterland stammende Wüst gilt als ein möglicher Nachfolger für NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, falls dieser im Herbst Bundeskanzler werden sollte. CDU und CSU wollen zwischen Ostern und Pfingsten (23. Mai) entscheiden, wen sie als Kanzlerkandidaten ins Rennen schicken. Neben Laschet, der seit Januar auch CDU-Bundesvorsitzender ist, gilt auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als aussichtsreicher Anwärter.
Wüst forderte von der Union ein Programm, „das den Menschen nach der Krise glaubhaft vermittelt, dass es die CDU schafft, die volle Handlungsfähigkeit des Staates wiederherzustellen“. Die Corona-Pandemie habe „manche Peinlichkeit aufgedeckt“. Das reiche von von öffentlicher Beschaffung bis zur Digitalisierung. „Da liegt Arbeit vor uns. Schluss mit breitbeinigen Versprechen und PR-Mätzchen“, forderte Wüst. „Wir werden in den kommenden Monaten als Union nur erfolgreich sein können, wenn wir Versäumnisse erkennen, klar benennen und sie abstellen.“
Wüst forderte mehr Teamarbeit und Macher in der Union sowie eine Abkehr vom Proporz-Denken. „Die Kriterien der Vergangenheit waren zu oft Proporz und eine gewisse Gefälligkeit im öffentlichen Ansehen.“ Nach der Corona-Krise komme es „mehr denn je darauf an, Menschen in ein Team einzubinden, die neben Politik auch umsetzen können“, schrieb er. „Weniger auf der Bühne und am Rednerpult, mehr am Schreibtisch und beim Projektmanagement. Echte Ergebnisse, statt Kommissionspapiere. Kärrnerarbeit statt Talkshow.“
Vielfalt bilde sich in der Partei nicht mehr nur an Landsmannschaften und soziologischen Gruppen ab, so Wüst. „Das Team, das Deutschland aus der Krise in die Zukunft führt, sollte auf einen bunten Erfahrungsschatz zurückgreifen, um mehr zu schaffen, aber nicht stumpf dem Proporz folgen.“
Sollte Laschet nach der Bundestagswahl am 26. September Kanzler werden, würde NRW schon für den Übergang einen neuen Regierungschef brauchen. Die nächsten Landtagswahlen finden 2022 statt. Laut NRW-Verfassung muss der Ministerpräsident dem Landtag angehören. Das wäre bei Wüst der Fall, ebenso aber auch bei CDU-Landtagsfraktionschef Bodo Löttgen und Finanzminister Lutz Lienenkämper, die ebenfalls als mögliche Laschet-Nachfolger gehandelt werden. Wüst war von 2006 bis 2010 Generalsekretär der NRW-CDU und ist Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU NRW.