Nicky-Verstappen-Prozess : Ein 3D-Modell der Unterhose des Opfers soll Klarheit bringen
Maastricht Zum zweiten Mal musste am Freitag der des Mordes an dem elfjährigen Jungen Nicky Verstappen vor dem Maastrichter Gericht erscheinen. In der Verhandlung wurde ein ungewöhnliches Beweismittel angekündigt: ein 3D-Modell der Unterhose des Opfers.
Um 10 Uhr begann der Prozesstag in Anwesenheit von Jos B., der im Sommer 2018 in Spanien verhaftet worden war. Er soll das Kind im August 1998 nahe Brunssum entführt, missbraucht und getötet haben. Der Mann aus Simpelveld war durch einen Massen-Gentest in das Visier der Ermittler geraten. Bereits 1985 war er wegen sexueller Belästigung von Minderjährigen verurteilt worden – trotzdem war er noch jahrelang als Pfadfinder und Betreuer von Zeltlagern tätig.
Bei einem Zeltlager in der Brunsummerheide war es auch, wo Nicky Verstappen verschwand. Obwohl B. wenige Stunden nach dem Fund der Leiche in der Nähe des Tatorts gesehen und als Zeuge verhört wurde, wurde seinerzeit nicht weiter gegen ihn ermittelt.
Beim ersten Prozesstag im Dezember 2018 hatte der heute 56-Jährige vehement seine Unschuld beteuert. Es war auch das erste Mal, dass die Eltern von Nicky Verstappen auf den mutmaßlichen Mörder ihres Kindes trafen. Im Gerichtssaal wurde es schnell emotional.
Am zweiten Verhandlungstag nun wurde die Untersuchungshaft von B. verlängert. Im Anschluss soll B. in ein gerichtsmedizinisches Institut in Utrecht gebracht werden, wo ein psychologische Gutachten über ihn angefertigt werden soll. Wie der regionale Radiosender L1 auf seiner Internetpräsenz berichtete, wurden am Freitag der Fortschritt der Untersuchungen, die psychologische Untersuchung und die weitere Planung der Verhandlung besprochen.
Wie bekannt wurde, ist zudem zum besseren Verständnis des Tathergangs geplant, ein 3D-Model der Unterhose mit den gefundenen DNA-Spuren des Mordopfers zu erstellen. Das gab das Niederländische Forensische Institut bekannt, das dafür extra eine moderne Software angeschafft hat.
Auch ein Ortstermin am Fundort der Leiche soll den Prozessbeteiligten ein besseres Verständnis für den Ablauf geben. Der Anwalt des angeklagten Jos B., Gerald Roethof, zeigte sich dieser Idee gegenüber „vorsichtig positiv”, er kritisierte jedoch, dass sich die örtlichen Gegebenheiten seit der Tat vor 21 Jahren verändert hätten. Ebenso äußerte er Bedenken darüber, dass die DNA-Untersuchung von 3000 weiteren Männern noch ausstehe, während bereits gegen seinen Mandanten verhandelt würde.
Mehrfach beklagte der Rechtsbeistand, dass die Unschuldsvermutung für seinen Mandanten nicht berücksichtigt werde und forderte ein Ende der Untersuchungshaft, heißt es in der Berichterstattung von L1. Die Staatsanwaltschaft verteidigte die Haft dagegen mit der starken Beweislast durch die DNA-Spuren von B., die an der Leiche des Kindes gefunden worden waren.
Im Anschluss an den Prozesstag ging es für den Angeklagten zurück in das gerichtsmedizinische Institut, wo festgestellt werden soll, ob bei ihm eine psychiatrische Störung vorliegt, wie Rechtspsychologie-Professor Eric Rassin gegenüber L1 erklärte. Da der Angeklagte die Tat bisher bestreite, müsse das staatliche Institut in Utrecht auf die Beobachtung des Verdächtigen zurückgreifen. Unter Mithilfe von früheren Bekannten von B. soll sein damaliges Verhalten rekonstruiert werden.
Frühestens im Herbst soll am Maastrichter Gericht dann das eigentliche Fallgeschehen behandelt werden.