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Prozessbeginn: Messerstiche und Tritte vor dem Einkaufszentrum

Prozessbeginn : Messerstiche und Tritte vor dem Einkaufszentrum

Vier junge Männer stehen wegen versuchten Mordes vor Gericht. Sie sollen sich an einem Racheakt beteiligt haben und traktierten ihr Opfer mit besonderer Härte – mitten in der Aachener Innenstadt.

Racheakte, Vergeltungstaten und körperliche Angriffe im öffentlichen Straßenraum gingen bislang zumeist von rivalisierenden Rockerbanden in der Region aus. Die Rocker sind inzwischen anscheinend ruhiger geworden, haben ihre Revierkämpfe weitgehend eingestellt.

Doch seit einiger Zeit sind in Aachen ähnliche Taten aus dem Umfeld zumeist afghanischstämmiger Flüchtlinge zu verzeichnen. So wurden jüngst im April dieses Jahres zwei junge Flüchtlinge von einem Aachener Gericht verurteilt, weil sie sich mit anderen einen Messerkampf im zentral gelegenen Aachener Bushof geliefert hatten.

Hier der Hintergrund: Die Täter seien eigentlich von rivalisierenden Gruppen gleicher Landsmannschaft bedroht und angegriffen worden, sagten sie, sie selber seien aber eigentlich ebenso Opfer. Die beiden jungen Flüchtlinge und mutmaßlichen Drogendealer wehrten sich dabei allerdings in strafrechtlich unzulässiger Art und Weise – und wurden dafür verurteilt.

Opfer für tot gehalten

Jetzt steht seit Dienstag erneut eine Gruppe junger Männer mit selbiger Herkunft vor einer Großen Jugendkammer des Aachener Landgerichts. Den vier 19- bis 22-Jährigen wird strafrechtlich allerdings sogar versuchter Mord an einem etwa gleichaltrigen Opfer vorgeworfen.

Das Opfer, ein 24-jähriger Afghane, sollen sie laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft am Abend des
7. März dieses Jahres gegen 18.15 Uhr vor einem Eingang des Aachener Enkaufszentrums Aquis Plaza – die Shopping-Mall liegt mitten in der Innenstadt – aufgelauert und ihn so schlimm mit Tritten und Messerstichen zugerichtet haben, dass man ihn für tot hielt. Der junge Mann konnte dann doch durch eine Notoperation gerettet werde.

Bei dem Überfall waren die jungen Täter in Überzahl und gingen nach der am Dienstagmorgen vor der Kammer unter Vorsitz von Richter Jürgen Beneking verlesenen Anklageschrift sowohl hinterhältig wie äußerst brutal vor. So ist im vorliegenden Fall das angeklagte Mordmerkmal denn auch der eher weniger häufig vorkommende Tatbestand der „niederen Beweggründe“.

Das Opfer wurde an diesem Tag im Trubel abendlicher Shopping-Massen quasi in der Öffentlichkeit übel traktiert, die Tritte gegen den am Boden liegenden Körper waren so brutal, dass beispielsweise der gewöhnlich stark belastbare Oberschenkelknochen des Opfers brach.

Hintergründe unklar

Als hinterhältig wertet die Staatsanwaltschaft die Tat, weil die Vierergruppe ihr Opfer am Eingang der Shopping-Mall gestellt und mit Messern so lange in Schach gehalten haben soll, während der Hauptanklagte Akmal A. (20) innen durch das Einkaufszentrum gelaufen und an einem anderen Ausgang wieder herausgetreten sei. Sodann habe er sich von hinten an das Opfer herangeschlichen. A. soll sich als erster mit dem Messer auf das Opfer gestürzt haben, der zweite Messerstäter soll der mitangeklagte Faisal A. (22) gewesen sein.

Die Vorgeschichte: Fünf Tage zuvor war der Bruder von Akmal A. (20) Emran A., niedergestochen worden, dies nicht weit entfernt vom neuen Tatort in der Aachener City. Die Vortat fand am 2. März statt, die Messerstiche soll der dann späterhin beinahe Getötete dem kleinen Bruder des Angeklagten Akmal A. beigebracht haben.

Was hinter den Auseinandersetzungen der Gruppen steht, ist noch nicht klar. Die Verteidiger hatten sich am Dienstag im Namen ihrer Mandanten vor Richter Beneking geweigert, sowohl zur Person ihrer Mandanten als auch zu der Tat Erklärungen abzugeben. Auch die Angeklagten sagten kein Wort.

Nun wird es zur Aufklärung der Hintergründe der Tat entscheidend darauf ankommen, wie sich das Opfer als Zeuge vor der Kammer äußern wird. Der 24-Jährige soll am Mittwoch vernommen werden.