Zahlen des Veranstalters : 45.000 Menschen demonstrieren in Köln für Europa
Köln In Köln gibt es am rechten Rheinufer ein großes freies Gelände, auf dem häufig demonstriert wird. Mitunter sieht man dann dort ein Meer von identischen Fahnen - zum Beispiel roten mit dem türkischen Halbmond. Auch an diesem Sonntag werden zahllose Fahnen geschwenkt. Aber sie sehen alle unterschiedlich aus.
Die blaue Europaflagge mit den goldenen Sternen ist dabei, aber auch Regenbogenfahnen und rote Flaggen der SPD und der Linken. Die Grünen sind vertreten mit Sonnenblumen - und Anti-Atomkraft-Flaggen. Es gibt weiß-rote Fahnen der katholischen Arbeitnehmer-Bewegung, gelbe Amnesty-Transparente und eine Greenpeace-Kugel. Wenn man in einem Bild zusammenfassen wollte, wofür Europa steht, hier wäre es: Vielfalt.
„Ich glaube, was sich hier zusammenfindet, ist eine ganz große Koalition gegen den Rechtspopulismus“, sagt Moderator Hermann Rheindorf. Die Veranstalter schätzen die Zahl der Teilnehmer auf 45 000. Andere Beobachter gehen eher von 20 000 aus. In jedem Fall aber ist der Zulauf groß - vor ein paar Jahren hätte Europa kaum so viele Menschen auf die Beine gebracht. Unter dem Motto „Ein Europa für Alle - Deine Stimme gegen Nationalismus“ wird eine Woche vor der Europawahl in mehreren deutschen Städten demonstriert. Nach Angaben des Kölner Bündnisses beträgt die Gesamtzahl der Teilnehmer 150 000.
„Ich bin jetzt im 66. Lebensjahr, kenne keinen Krieg“, sagt Werner Uerdingen aus Leverkusen, in der Hand eine große Europa-Flagge. „Ich möchte, dass mein Enkelchen auch die nächsten 60 Jahre Frieden in Europa hat. Und wenn wir jetzt heute nicht dafür sorgen - unter anderem mit dieser Veranstaltung - sehe ich ganz schwarz, wenn die Nationalisten und Populisten da Mehrheiten bekommen im Europaparlament.“
Der elf Jahre alte Fabian trägt ein Schild mit der Aufschrift „Integration“ - das Wort „Diskriminierung“ ist durchgestrichen. „Wenn nur ein Land ganz viele Flüchtlinge aufnimmt, hat das Land dann am Ende zu viele Leute, deshalb muss das aufgeteilt werden“, erklärt er. „Deshalb finde ich es wichtig, dass Europa zusammenarbeitet.“
Die 50-jährige Petra hat sich mit ihrer 15 Jahre alten Tochter Pia geradezu in eine Europa-Flagge eingewickelt. „Was ich erlebt habe: dass man überall arbeiten gehen kann, das sollten meine Kinder auch beide erleben können“, sagt sie. „Keine Grenzen, eine Währung, das haben wir alles als Geschenk bekommen, und jetzt wollen sie auf einmal das alles wieder verkleinstückeln. Das geht nicht.“
Bei der zentralen Kundgebung am Rhein treten unter anderem die Höhner, Cat Ballou, Brings, die Bläck Fööss und Wolfgang Niedecken auf. Die Europawahl in einer Woche sei eine „Schicksalswahl“, mahnt der 68 Jahre alte BAP-Sänger. „Wenn man dieses Einfallstor offen lassen würde für die Rechtspopulisten, dann könnte es wirklich vorbei sein mit Europa.“ Der Spruch „Et hätt noch immer joot jejange“ (Es ist noch immer gut gegangen) gelte in diesem Fall absolut nicht: „Diese Kölsche Denke wäre hier fatal.“