Drogenhandel im Web : Die dunkle Seite des Computerfreaks
Kleve 23-Jähriger soll Seiten programmiert haben, auf denen mit Drogen gehandelt wurde
Fabian Ries (Name geändert) ist ein Computerfreak. Er entspricht nicht der überholten Vorstellung des weltabgewandten PC-Experten. Der 23-Jährige ist freundlich, gut gelaunt und war offenbar einige Jahre ein Krimineller. Im Internet soll er mit zwei Männern eine Plattform geschaffen haben, auf der illegale Waren gehandelt wurden. Darunter Drogen, aber auch gefälschte Pässe, Kreditkartennummern, Codes für sensible Bereiche im Netz, Zugangsdaten für Bezahlfernsehen wie Netflix, Telefonkartennummern oder gefälschte Designerware wie Prada und Gucci.
Vor knapp sechs Monaten stand die GSG 9 bei ihm im Hausflur. 30 Beamte hatten zunächst die Doppelhaushälfte seiner Eltern umstellt und ihn festgenommen. Nach knapp zwei Monaten Untersuchungshaft ist der 23-Jährige seit Juli wieder auf freiem Fuß. Jetzt wartet er auf sein Gerichtsverfahren. Ihm drohen maximal 15 Jahre Haft . Vorgeworfen wird ihm unter anderem die „gewerbsmäßige Verschaffung einer Gelegenheit zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln“. Anders formuliert: Er hat dabei geholfen, Drogen zu verkaufen.
Tagsüber arbeitete Fabian Ries als Auszubildender in einer Computerfirma. Nachts schrieb er Programme für den Internet Marktplatz Wall Street Market (WSM). Bei seiner Festnahme war es der weltweit größte illegale Umschlagplatz im Darknet. Dort werden Geschäfte abgewickelt, in denen Anbieter und Käufer nicht zu identifizieren sind. „Selbst haben wir nie gehandelt. Wir haben Verkäufer und Käufer zusammengebracht“, erklärt er.
200 Beamte vom FBI, Spezialisten des Bundeskriminalamts und niederländische Strafverfolgungsbehörden arbeiteten zuletzt zusammen, um Beweise zu sammeln, die für eine Festnahme des 23-Jährigen reichten. Bei der Verhaftung wurden in seinem Jugendzimmer 465.000 Euro gefunden. Die ihm gemachten Vorwürfe habe er alle gestanden, so der 23-Jährige.
Wenn der Klever von den Anfängen bis zu seinen Straftaten erzählt, klingt es wie ein spannender Film: Junger Computerfreak lässt FBI jahrelang alt aussehen. Die Geschichte begann mit 15 und einer Kleinanzeige auf eBay. „Ich wollte mir ein gebrauchtes iPhone kaufen. 300 Euro kostete es. Ich habe das Geld gespart und überwiesen, aber das Handy kam nicht. Da habe ich mir gesagt: Das darf dir nicht noch einmal passieren.“ Zunächst sei es Neugier gewesen, so Ries. Er wollte wissen, wie das Betrugssystem funktioniert und arbeitete sich immer tiefer ein.
In einem Chatroom traf der Klever auf die zwei Mittäter. Sie benötigten genau seine Fähigkeiten. „Die haben gesagt, was sie brauchen. Ich habe es programmiert.“ Er sei für den technischen Bereich wie die Gestaltung der Seiten oder die Zahlungsweise zuständig gewesen. Zwei bis vier Prozent des Verkaufswerts gingen an die Betreiber.
Kurz bevor das Trio aufflog, gab es 63.000 Verkaufsangebote und 1,1 Millionen Kunden auf dem Marktplatz. Gezahlt wurde in der Internetwährung Bitcoin. Bei der Festnahme besaß das Trio etwa 1100 Stück davon. Einer war 8000 Euro wert. Ein Vermögen von 8,8 Millionen Euro. Er habe den Behörden gezeigt, wo das Geld versteckt war, so der 23-Jährige.