Distanzunterricht : Lehrer nutzen Geheimcodes für Zeugnisnoten
Düsseldorf Aus Rücksicht auf den Datenschutz verschlüsseln Lehrer Zensuren in Videokonferenzen. Die SPD fordert zudem „Freischuss“ im Abitur. Schüler sollten das Abitur im Herbst wiederholen dürfen, wenn sie unzufrieden mit den Noten seien.
Kurz vor Vergabe der Halbjahreszeugnisse in NRW herrscht an vielen Schulen Verunsicherung darüber, was datenschutzrechtlich erlaubt ist. Um Anonymität zu wahren, sind Lehrer dem Vernehmen nach in Video-Zeugniskonferenzen teilweise sogar dazu übergegangen, die Noten wie in einem Geheimcode zu verschlüsseln, damit sie nicht einem speziellen Schüler zugeordnet werden können. In manchen Fällen reihen Lehrer die Noten für mündliche Mitarbeit, für einzelne Klausuren und die Halbjahres-Endnote so aneinander, dass sie unbefugten Außenstehenden wie eine Telefonnummer erscheint – und nicht wie eine Zeugnisnote.
Die Unsicherheiten resultieren auch daraus, dass es bis zuletzt keine Plattform des Landes für Videokonferenzen gegeben hatte, die in datenschutzrechtlicher Hinsicht über jeden Zweifel erhaben war. Erst am vergangenen Freitag hatte das NRW-Schulministerium ein solches Konferenztool freigegeben.
Bei der Ausgabe der Halbjahreszeugnisse steht es den Schulen frei, sie per Post zu verschicken, elektronisch zu übermitteln oder von den Schülern abholen zu lassen. Letzteres trifft mancherorts auf Unverständnis: Wer die Kontaktminimierung ernst nehme, der könne nicht mehrere Hundert Schüler am Freitag losschicken, um die Zeugnisse abzuholen, heißt es etwa in schulinternen Schreiben.
Unklar ist nach wie vor, wie es im Februar weitergeht. Das NRW-Schulministerium versprach am Montag auf Anfrage zeitnahe Informationen: Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) habe bereits im Schulausschuss vergangene Woche angekündigt, dass alle weiteren Entscheidungen über den Schulbetrieb mit den Bildungsverbänden sowie den Schulträgern intensiv beraten würden. In den vergangenen Tagen sei gemeinsam erörtert worden, wie es im Februar mit den Schulen in NRW weitergehen könne: „Diese Gespräche werden derzeit ausgewertet.“
Wenig Hoffnung auf baldige Öffnung
Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte am Montag wenig Hoffnung darauf, dass Schulen und Kitas schnell öffnen. Ein genaues Datum lasse sich nicht sagen, sagte der neue CDU-Vorsitzende.
Im Mittelpunkt aller Überlegungen steht die Frage, ob es angesichts der Infektionslage zu verantworten ist, dass Grundschüler und Abschlussklassen tageweise in die Schulen zurückkehren können. In NRW stellte die Opposition Alternativmodelle für Abschlussprüfungen vor. SPD-Fraktionsvize Jochen Ott forderte für die Abiturienten einen „Freischuss“. Damit könnte jeder Abiturient sein Abitur im Herbst wiederholen, wenn er mit der Note nicht zufrieden ist, ohne dass es als Fehlversuch gewertet würde.
Die Landesvorsitzende des Philologenverbands, Sabine Mistler, lehnte dies gegenüber unserer Zeitung ab: „Es könnte dann passieren, dass das NRW-Abitur bundesweit nicht mehr anerkannt wird.“