Düsseldorf : Lebenslange Haft für mutmaßlichen Kofferbomber gefordert
Düsseldorf Der mutmaßliche „Kofferbomber” von Köln soll nach dem Willen der Bundesanwaltschaft lebenslang hinter Gitter. „Deutschland hat einem islamistischen Anschlag nie näher gestanden”, sagte Anklägerin Duscha Gmel am Mittwoch im Prozess vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht.
Die Beweislast gegen den 24-jährigen Libanesen sei „geradezu erdrückend”. Er sei „der geistige Urheber und die treibende Kraft” der gescheiterten Bombenanschläge auf zwei
Regionalzüge gewesen. Der 15 Meter große Feuerball und 100 Meter weit umherliegende Splitter hätten bei einer Explosion bis zu 75 Opfer unter unschuldigen Reisenden gekostet. Nur ein Konstruktionsfehler habe das Blutbad verhindert.
Die Verteidigung hatte behauptet, dass bewusst nur Attrappen in den Zügen deponiert worden seien. Dies sei als Schutzbehauptung widerlegt worden, befanden die Ankläger. Vielmehr habe die zehnmonatige Beweisaufnahme ergeben, dass der Vorwurf des vielfachen versuchten Mordes erwiesen sei.
Der Angeklagte und sein bereits im Libanon zu zwölf Jahren Haft verurteilter Komplize hätten bei der Tat am 31. Juli 2006 alles Erforderliche getan, um „möglichst viele Menschen zu töten und auf diese Weise Angst und Schrecken zu verbreiten”, sagte Gmel. Die Zünder seien erfolgreich getestet worden und hätten auch am Tattag funktioniert. „Aus ihrer Sicht waren die Sprengsätze todsicher.”
Die Tat sei als Vergeltung für die Veröffentlichung der Mohammed- Karikaturen in deutschen Tageszeitungen gedacht gewesen. Dies habe beim Angeklagten „das Fass zum Überlaufen gebracht”.
Osama bin Laden und der El-Kaida-Statthalter im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi, seien die Vorbilder des Libanesen gewesen. Youssef El H. habe ein Lobgedicht auf bin Laden abgeschrieben. Zudem sei bei ihm eine Trauerrede nach dem Tod Sarkawis gefunden worden. In einem selbst verfassten Liebesgedicht habe sich der 24-Jährige als Terrorist zu erkennen gegeben. „Er ist im extremistischen, gewaltbereiten Islamismus tief verwurzelt.” Zwei seiner Brüder seien im Libanon unter Terrorverdacht in Haft. „Seine Familie hätte einen erfolgreichen Anschlag begrüßt.”
Die Vertreter der Bundesanwaltschaft widersprachen auch den Behauptungen, das Geständnis des in Beirut inhaftierten Komplizen Jihad H. sei durch Folter erpresst worden. „Die Foltervorwürfe sind unglaubhaft, jede Zwangseinwirkung ist auszuschließen.” Zuvor hatte bereits der Staatsschutzsenat befunden, dass es auch keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Festnahme Jihad H.s durch die Geiselhaft seines Vaters erpresst worden sei.
Youssef El H. hatte im Prozess zugegeben, die Anschläge geplant und die Bomben in Rollkoffern gemeinsam mit Jihad H. gebaut zu haben. Er sei der Mann, den Überwachungs-Kameras im Trikot von Fußball- Nationalelf-Kapitän Michael Ballack im Kölner Hauptbahnhof gefilmt hatten. Die Bombenteile hatten sich die Libanesen im Baumarkt besorgt und aus Propangasflaschen und Weckern zusammengebaut, die Anleitung dazu hatten sie aus dem Internet.
Youssef El H. war drei Wochen nach der Tat in Kiel am Hauptbahnhof festgenommen worden, als er zu seinem Bruder nach Schweden flüchten wollte, nachdem er mit Fahndungsbildern gesucht wurde. Der libanesische Geheimdienst war ihm auf die Schliche gekommen, als er mit seiner Famiile im Libanon telefoniert hatte und hatte den deutschen Behörden einen Tipp gegeben.