Intensivbetten in den Kliniken : Lage in NRW spitzt sich zu
Düsseldorf Thüringen sagt bereits Krebs-Operationen ab. Nun steht auch Nordrhein-Westfalen an der Schwelle, solche Pläne zu aktivieren.
Die Lage an den Krankenhäusern spitzt sich zu. Aktuell (Stand Donnerstagmorgen) liegen laut Intensivregister der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmediz (Divi) bundesweit 4710 Covid-Patienten auf Intensivstationen. Doch schon zu Weihnachten könnte mit 6000 Patienten ein neuer Höchststand erreicht werden, warnt die Divi.
Besonders angespannt ist die Lage in Bayern und im Osten. 80 Patienten wurden bereits in den Norden und Westen Deutschlands verlegt. In Thüringen werden planbare Operationen von Patienten mit Krebs- oder Herzklappen-Erkrankungen aufgeschoben.
Aber auch in NRW ist die Lage ernst: An mancher Klinik ist kein Intensivbett mehr frei. In NRW gibt es noch 512 freie Intensivbetten, davon 191 spezifische für Corona-Patienten, so die Divi.
An der Uniklinik Düsseldorf ist die Intensivstation meist voll belegt. „Die Intensivbetten-Kapazität ist sehr dünn, so dass es immer wieder vorkommen kann, dass wir keine zusätzlichen Patienten auf den Intensivstationen aufnehmen können“, erklärte der Sprecher.
An der Uniklinik Essen gibt es zwar noch freie Intensivbetten. Doch auch hier binden zunehmend die – meist ungeimpften – Covid-Patienten das Personal: „Es gibt prinzipiell noch ausreichend freie Intensivbetten. Aber: Jede Ressource an Personal oder Infrastruktur fehlt bei der Behandlung unserer anderen schwerkranken Patienten“, sagt Jochen Werner, Ärztlicher Direktor der Uniklinik Essen, unserer Redaktion. „Gerade die Behandlung dieser schwer erkrankten Patienten ist aber eine zentrale Kernaufgabe jeder Universitätsmedizin.“
Das seit fast zwei Jahren ohnehin stark in Anspruch genommene medizinische und pflegerische Personal werde zusätzlich stark belastet. „Dies kann nicht ewig so weitergehen.“
Werner geht davon aus, dass in Kürze planbare Operationen verschoben werden: „Die Politik wird wohl recht bald Krankenhäuser anweisen müssen, eine Reihe elektiver Eingriffe auszusetzen, um auf der einen Seite die Versorgung von Covid-Patienten vornehmen zu können und auf der anderen Seite Solitärleistungen an den Universitätskliniken, wie beispielsweise Transplantationen oder bestimmte onkologische Behandlungen, nicht zu gefährden.“
Bislang habe die Uniklinik Essen Operationen streikbedingt absagen müssen. Mit der Tarifeinigung im öffentlichen Dienst hat sich das Problem erledigt. „Sollte sich das Pandemiegeschehen weiter verstärken, werden wir an der Universitätsmedizin Essen auch wegen der Pandemie wieder elektive Eingriffe verschieben müssen“, so Werner.
Auch an der Uniklinik Aachen ist man vorbereitet: „Wir müssen aktuell keine planbaren Operationen absagen. Für einen möglichen Anstieg (der Patientenzahl) sind wir dennoch jederzeit vorbereitet: Es existiert ein Stufenplan, den wir bei Bedarf und unter Rücksprache mit den Gremien und Behörden aktivieren könnten“, so der Sprecher.
Der Essener Klinik-Chef begrüßte, dass die Politik nun endlich handelt: „Ich bin sehr froh, dass die Politik offensichtlich wieder in die Handlungsfähigkeit gekommen ist. Wir haben wertvolle Monate verloren, vor der Bundestagswahl, als das Thema der Impfpflicht offensichtlich aus Furcht, Wählerbewegungen zu induzieren, unerwähnt blieb“, so Jochen Werner.