Betreuungsfrage offen : Kritik an früheren Weihnachtsferien in NRW wächst
Düsseldorf Eine Entscheidung, die viele Fragen offen lässt: Nachdem Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) verkündet hat, dass die Weihnachtsferien früher anfangen sollen, gibt es noch reichlich Klärungsbedarf. Vor allem zur Frage der Betreuung.
Die Verlängerung der Weihnachtsferien zu Gunsten eines besseren Infektionsschutzes vor dem Fest ist aus Sicht der SPD in Nordrhein-Westfalen eine unlogische „Verzweiflungstat“. Niemand könne ernsthaft glauben, dass sich alle Schüler an den Tagen vor Weihnachten allein in ihren Zimmern aufhielten, sagte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Thomas Kutschaty, am Freitag in einer Aktuellen Stunde des Landtags.
Anlass war die überraschende Ankündigung von Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am vergangenen Mittwochabend, die Weihnachtsferien schon am 21. Dezember beginnen zu lassen – zwei Tage früher als geplant. Kutschaty bezeichnete diesen unabgestimmten Beschluss als „Unverschämtheit“. Damit zeige sich, dass die Regierung das Parlament nicht wirklich an Entscheidungen über das Corona-Krisenmanagement beteiligen wolle, kritisierte der Oppositionsführer.
Zudem habe sich die bisherige Argumentation der schwarz-gelben Koalition als unlogisch entlarvt, wonach Schulen angeblich keine Corona-Hotspots seien und daher alle vor Ort am Unterricht teilnehmen könnten. Wenn das stimme, müssten doch eigentlich alle Schüler bis zum letzten Tag vor dem Fest in die Schule gehen, sagte Kutschaty.
Für berufstätige und vor allem alleinerziehende Eltern seien die vorgezogenen Weihnachtsferien „eine Hiobsbotschaft“. Für die avisierte Notbetreuung habe die Landesregierung bislang kein Konzept vorgelegt, bemängelte der SPD-Politiker. Zudem verabschiede sich NRW mit diesem Alleingang von allen notwendigen Bemühungen, eine gemeinsame Linie der Bundesländer zu finden.
Auch aus anderen Lagern wächst die Kritik an dem Plan. Unter anderem ist nach Ansicht der Lehrergewerkschaft GEW vor allem die Frage offen, wer die Kinder während der zusätzlichen Freizeit betreuen soll. Eltern, die am 21. und 22. noch arbeiten müssen, hätten ein Problem, meint die GEW. „Aus Sicht der Familien kann die Maßnahme nur dann sinnvoll sein, wenn die Betreuung der Kinder gesichert ist und wenn sie wirklich die Zeit als vorgezogene Quarantäne nutzen, um zum Weihnachtsfest möglichst infektionsfrei zu sein“, sagte dazu die GEW-Landesvorsitzende Maike Finnern am Donnerstag der dpa.
Nicola Stroop, Vorstand des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter in NRW, wurde noch deutlicher: „Die Ankündigung von NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer, die Weihnachtsferien vorzuverlegen, ist für Alleinerziehende eine Hiobsbotschaft.“ Was von der Schulministerin „als Geschenk im Sinne des Infektionsschutzes gedacht“ sei, stelle Alleinerziehende wieder vor das Problem, „die Betreuung ihrer Kinder für diese Tage individuell sicherstellen zu müssen“. Dabei habe kaum noch jemand Urlaubstage übrig.
Stroop forderte: „Schließungen von Schulen müssen strukturell kompensiert werden, entweder durch einen gesetzlichen Anspruch auf Notbetreuung oder durch finanzielle Ausgleichszahlungen wie ein Corona-Elterngeld.“
Ministerin Gebauer hatte im WDR5-„Morgenecho“ gesagt, es müsse darüber gesprochen werden, „wie wir eine Notbetreuung für Kinder und Jugendliche an diesen beiden Tagen sicherstellen können für Eltern aus systemrelevanten Berufen, für Kinder, die eben nicht zu Hause an diesen beiden Tagen versorgt werden können“.
Am Donnerstag hatten die Schulen zunächst keine Informationen dazu, wie die verlängerten Ferien konkret umgesetzt werden. Gebauer zufolge müssten die offenen Fragen jetzt noch geklärt werden. Dazu wollte sie nach Angaben des Ministeriums mit den Vertretern und Verbänden von Lehrern, Schülern und Eltern sprechen.