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Keine Pläne zur Aufrechterhaltung: Kritik an Corona-Vorsorge an Schulen

Keine Pläne zur Aufrechterhaltung : Kritik an Corona-Vorsorge an Schulen

Das NRW-Schulministerium hat bei coronabedingten Ausfällen von Lehrkräften bislang noch keine Pläne, um den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. Die Lehrer-Lobby fordert Schwellenwerte für den Wechsel zum Distanzunterricht.

Die steigende Zahl der Corona-Neuinfektionen als Folge der ansteckenden Omikron-Variante hat jetzt die Lehrerverbände in NRW auf den Plan gerufen. Die Interessenvertretungen der Pädagogen machen sich Sorgen, dass viele Krankheitsfälle insbesondere bei Lehrkräften den Schulbetrieb gefährden könnten. Zugleich kritisieren sie das NRW-Schulministerium, weil es noch keine Pläne für einen solchen Fall vorgelegt habe.

„Wenn Politik den Präsenzunterricht zum obersten Gebot erklärt, muss sich das deutlich in kurz- und langfristigen Maßnahmen widerspiegeln“, sagte Stefan Behlau, der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, unserer Redaktion. Es reiche nicht, so Behlau, dass die Schulministerin den Präsenzunterricht im Lande nur als höchste Priorität benenne: „Es muss dafür auch alles Erdenkliche getan werden.“

Die gleiche Befürchtung teilt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Die NRW-Landesvorsitzende Ayhan Celik sagte unserer Redaktion: „Die aktuelle Infektionsdynamik ist schwer einzuschätzen, aber wir rechnen mit einem sehr dynamischen Infektionsgeschehen.“

So bestehe in NRW durch steigende Quarantänefälle die Gefahr eines ungesteuerten Wechsels vieler Schulen in den Distanzunterricht. Das könne sowohl an infizierten Schülern wie Lehrkräften liegen. Celik: „Uns besorgt sehr, dass es zum Präsenzunterricht keinen Plan B gibt.“

Schülerinnen und Schüler sind bundesweit und auch in Nordrhein-Westfalen besonders von Corona-Infektionen betroffen. Nach dem jüngsten Wochenbericht des Robert-Koch-Instituts (RKI) erreichte die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen pro 100.000 Personen (Inzidenz) bei den 15- bis 19-Jährigen mit 771 den höchsten Wert aller Altersgruppen.

In Deutschland lag die Gesamtinzidenz mit 516 am Samstag erstmalig seit Beginn der Pandemie über der Zahl von 500. Nach Ansicht von Experten ist damit zu rechnen, dass die Omikron-Variante in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens zu massiven Krankheitsausfällen führen kann. Trotz einer hohen Impfquote der Lehrkräfte kann dann auch der Schulbetrieb möglicherweise nicht mehr aufrechterhalten werden.

Das NRW-Schulministerium sieht noch keine Gefahr für den Präsenzunterricht. Nach Angaben des Hauses nahmen lediglich 1,83 Prozent aller Lehrkräfte (2774 Pädagogen) aufgrund der Pandemie nicht am Präsenzbetrieb teil. Darunter befanden sich 676 Lehrerinnen und Lehrer in Quarantäne und auch 635 nachweislich infizierte Lehrkräfte.

Die meisten von ihnen wären nach wenigen Tagen wieder im Präsenzunterricht einsetzbar. Dies zeige, so hieß es aus dem Ministerium, dass nur wenige Lehrkräfte aufgrund der Pandemie längere Zeit nicht im Einsatz seien. Oberstes Ziel der Landesregierung und des Ministeriums für Schule und Bildung sei es, die Schulen offenzuhalten und den Präsenzunterricht weiterhin zu sichern, hieß es weiter.

Allerdings will das Schulressort der FDP-Ministerin Yvonne Gebauer eine Abkehr vom Präsenzunterricht nicht ausschließen. Sollten Schulschließungen in Gestalt von Distanzunterricht lokal oder auch regional unausweichlich sein, so seien die Schulen aufgrund der Erfahrungen des vergangenen Jahres und der digitalen Ausstattung weitaus besser vorbereitet, erklärte das Ministerium.

Einzelne Schulschließungen würde das Ordnungsamt der Kommune nach fachlicher Beratung mit dem Gesundheitsamt vornehmen. Für landesweite Schulschließungen gebe es keine rechtliche Grundlage. Nur der Distanzunterricht unterliege den Regeln des Landes.

Den NRW-Lehrerverbänden reicht das nicht aus. Das Schulministerium solle dringend einen Inzidenz-Wert festlegen, ab dem Distanzunterricht erfolgen soll, fordert Andreas Bartsch, der Vorsitzende des NRW-Lehrerverbands. „Nur dann sind die Schulleiter handlungsfähig. Dieser Wert kann bei 1000 liegen“, erklärte der Lehrervertreter.

Die GEW-Landeschefin Celik fordert einen Stufenplan mit klaren Schwellenwerten für die Aufnahme von Distanzunterricht. „Die Schulen erhalten so die Möglichkeit, eigenständig auf das Infektionsgeschehen zu reagieren“, sagte die Gewerkschafterin.