Weiberfastnacht im Rheinland : Karnevalisten gedenken der Opfer von Hanau
Köln/Düsseldorf/Mainz Das war kein normaler Karnevalsauftakt: „Wie ein Schatten“ legte sich der Anschlag von Hanau am Donnerstag über die närrische Lebensfreude. Sowohl die Kölner als auch die Düsseldorfer wollen das erschütternde Ereignis nun auch in ihren Rosenmontagszügen aufgreifen.
Der mutmaßlich rechtsradikale und rassistische Anschlag von Hanau hat an Weiberfastnacht den Auftakt vom Karneval überschattet. „Sicher haben wir ein Lächeln auf dem Gesicht. Aber im Herzen sind wir wirklich bei den Menschen von Hanau“, sagte der Kölner Karnevalsprinz Christian II. der Deutschen Presse-Agentur.
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) strich Karnevalsveranstaltungen in den Landesvertretungen in Berlin und Brüssel. Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sagten wegen des Anschlags einen Besuch im Kölner Karneval ab. Bei dem Anschlag im hessischen Hanau hatte ein Deutscher neun Menschen mit ausländischen Wurzeln erschossen.
Der Anschlag soll sowohl im Kölner als auch im Düsseldorfer Rosenmontagszug aufgegriffen werden. „Es wird ein Wagen an Hanau angepasst werden“, sagte die Sprecherin des Festkomitees Kölner Karneval, Tanja Holthaus. Der Düsseldorfer Bildhauer Jacques Tilly plant sogar einen eigenen Wagen dazu. „Es wird kein Wagen, über den man lachen kann, aber es wird ein Statement der Narren sein“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Wir sind nicht nur für Friede-Freude-Eierkuchen zuständig, wir haben ja einen politischen Karneval.“
Rechtspopulismus und rechtsextreme Gegenkultur würden seit Jahren im Düsseldorfer Zug aufgespießt, sagte Tilly, dessen Wagen jedes Jahr international Aufmerksamkeit erregen. Anschläge in der Größenordnung wie in Hanau hätte er sich vor einigen Jahren noch nicht vorstellen können. „Das ist etwas, was sich wie ein Schatten über den Rosenmontagszug legt und über die Lebensfreude, die der Karneval eigentlich ausdrücken soll.“
Der Kölner Karnevalspräsident Christoph Kuckelkorn, von Beruf Beerdigungsunternehmer, sagte: „Im Leben und vor allen Dingen im Karneval sind die Momente der überschäumenden Freude und des Feierns und die der Trauer und die stillen Momente immer nah beieinander. Heute, in den Stunden, überwiegt bei uns allen glaube ich die Fassungslosigkeit.“
Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die 2015 selbst von einem fremdenfeindlichen Attentäter lebensgefährlich verletzt worden war, sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Dass solche schrecklichen Vorfälle sich häufen, ist ein Zeichen dafür, dass sich unsere Gesellschaft verändert. Und das dürfen wir auf keinen Fall zulassen.“
Auch ganz normale Feiernde zeigten sich betroffen, machten aber gleichzeitig deutlich, dass sie sich den Karneval nicht kaputtmachen lassen wollten. „Was da passiert ist, ist ganz schlimm“, sagte der extra aus Bayern nach Köln angereiste Florian Huber. „Wir wollen heute trotzdem Spaß haben. Es ist nicht so, dass man jetzt Angst hat.“ Der Kölner Rudolf Bong sagte: „Dass man Angst hat, das ist doch genau das, was Leute wie der Täter wollen. Die wollen unseren freien Lebensstil angreifen.“
In vielen Städten stürmten die Frauen an Weiberfastnacht die Rathäuser. So nahmen in Düsseldorf die alten Möhnen den Bürgermeister gefangen. Am Fastnachtsbrunnen in der Mainzer Innenstadt jubelten die Narren beim offiziellen Startschuss um 11.11 Uhr im Konfettiregen los. In Köln hatten sich schon am frühen Vormittag viele Tausend Jecken in der Altstadt versammelt. Die Polizei war dort mit 1000 Beamten auf den Straßen. Gegen Abend wurde die Stimmung bei zunehmender Alkoholisierung aggressiver, und es kam nach Angaben einer Polizeisprecherin zu „kleineren Schlägereien“.