Weihnachten : Kirche warnt vor Maßlosigkeit und übt Selbstkritik
Aachen In ihren Weihnachtspredigten warnen die Bischofe vor Süchten im Alltag, so auch Aachens Bischof Helmut Dieser. Aber auch der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche spielt eine große Rolle.
Die Warnung vor Maßlosigkeit in der digitalen Welt und die Auseinandersetzung mit dem Missbrauchskandal in der katholischen Kirche haben in diesem Jahr breiten Raum in den Weihnachtspredigten eingenommen. Der Aachener Bischof Helmut Dieser warnte in seiner Weihnachtsbotschaft vor Süchten und der Maßlosigkeit im Alltag, in der Wirtschaft und auch in der Politik. „Süchtig-Sein ist kein harmloses Wort“, hieß es in seiner vorab veröffentlichten Predigt. „Was es meint, das kann man auch so umschreiben: immer mehr vom Selben.“
Ein solches Bedürfnis auch zum Beispiel nach Medikamenten, Alkohol und Computerspielen könne irgendwann nicht mehr harmlos sein, sondern sehr problematisch werden. „Dann wird aus dem Immer-mehr-vom-Selben schleichend ein Immer-mehr-vom-Falschen“, warnte Dieser. Das gelte auch im Umgang mit der digitalen Welt. „Die meisten Menschen sind lange bereit, die Geschwindigkeit und die Fülle der Digitalisierung mitzuvollziehen, denn sie haben Angst, sonst das Leben zu verpassen“, mahnte der Aachener Bischof. Und selbst der Versuch, immer besser zu werden, sei riskant, wie die mutmaßlichen genetischen Manipulationen an menschlichen Embryonen zeigten. „So kann auch das Immer-Besser zu Terror und Verlust der Menschenwürde führen.“
Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker sprach in seiner Predigt am Heiligen Abend auch die Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise der Kirche an. Das Vertrauen in die Kirche sei erschüttert worden durch die Erkenntnisse der sogenannten MHG-Studie über den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen in der Kirche. „Dies sind Erkenntnisse über die Realität schlimmer Gewalt gegenüber Schutzbefohlenen, die sich vertrauensvoll an Menschen gewandt haben, die in der Kirche besondere Verantwortung tragen“, sagte Becker.
In einem Interview mit dem in Bielefeld erscheinenden „Wesfalen-Blatt“ hatte Becker zuvor betont: „Für die Kirche, der ich mich verschrieben habe, schäme ich mich, dass solche Verbrechen bagatellisiert und Opfer nicht ernst genommen worden sind.“ Er teile die Einschätzung des Zentralkomitees der Katholiken, dass die Aufarbeitung des Skandals zur Nagelprobe für das Ringen der katholischen Kirche um neue Glaubwürdigkeit werde.