Revolution in Köln? : Karnevalszug soll auf die „falsche“ Rheinseite
Köln Zum ersten Mal soll der Kölner Rosenmontagszug 2020 über den Rhein auf die „falsche“ Seite der Stadt ziehen. Das wäre eine kleine Revolution. Können die Düsseldorfer da noch zurückbleiben?
Es hat schon mal einen doppelten Rosenmontagszug in Köln gegeben. Auch Jahre ganz ohne Zug musste man verkraften. Eines aber ist in der fast 200-jährigen Geschichte des größten deutschen Karnevalszugs noch nie vorgekommen: dass der „Zoch“ über den Rhein auf die „Schäl Sick“, die „falsche Seite“ der Stadt gefahren wäre. Eben das aber könnte im nächsten Jahr nun erstmals geschehen. Für Köln wäre es nicht weniger als eine Revolution.
Kölner Zeitungen erschienen am Mittwoch schon mit Schlagzeilen wie „Rosenmontagszug 2020 auch rechtsrheinisch“. Michael Kramp, Sprecher des Festkomitees Kölner Karneval, spricht etwas vorsichtiger von ersten Überlegungen. „Die Entscheidung ist noch nicht gefallen“, betont er. Viele Fragen von Logistik bis Sicherheit müsse man noch klären. Aber auch für ihn steht fest: „Die Revolution wäre es, wenn es so käme.“
Nicht-Kölner mögen sich fragen, was denn daran nun so besonders sein soll. Zur Veranschaulichung diene folgendes Beispiel: Vor seinem letzten Weltraumflug verabschiedete sich Astronaut Alexander Gerst im Europäischen Astronautenzentrum im rechtsrheinischen Köln von einem Journalisten mit der Frage: „Wo müssen Sie jetzt hin?“ Antwort: „Nur auf die andere Rheinseite.“ Darauf Gerst: „Da haben Sie's ja weiter als ich.“
„Astro-Alex“ spielte damit darauf an, dass das linksrheinische und das rechtsrheinische Köln seit jeher als entgegengesetzte Welten betrachtet werden. Das reicht bis in die Römerzeit vor 2000 Jahren zurück: Linksrheinisch erhob sich damals die römische Stadt Colonia Claudia Ara Agrippinensium, rechtsrheinisch war wildes Germanenland. Die Colonia hatte mehr gemeinsam mit anderen römischen Städten in Nordafrika oder im Nahen Osten als mit dem anderen Rheinufer. Zu Napoleons Zeiten wiederum gehörte das linksrheinische Köln zu Frankreich, das rechtsrheinische war deutsch.
Die Idee, den Rosenmontagszug erstmals auf die „Schäl Sick“ zu lenken, hängt mit dem Motto der kommenden Karnevalssaison zusammen: „Et Hätz schleiht im Veedel“ - das Herz schlägt im Viertel. Da liegt es nahe, die eine Hälfte der Stadt nicht komplett links - oder besser rechts - liegen zu lassen. Stattdessen würde man - so es denn realisiert wird - die Deutzer Brücke überqueren und über die Einkaufsmeile „Deutzer Freiheit“ ziehen. Alexander Vogel, der Sprecher der parteilosen Oberbürgermeisterin Henriette Reker, zeigt sich angetan: „Das ist eine spannende und charmante Idee, die derzeit unter allen Beteiligten intensiv besprochen und geprüft wird.“
Natürlich ergibt sich da fast zwangsläufig die Frage: Was macht Düsseldorf? Dort ist die Situation spiegelverkehrt: Die Innenstadt liegt auf der rechten Rheinseite, und deshalb verläuft auch der Rosenmontagszug dorther. Pläne, das zu ändern, habe man nicht, stellt Hans-Peter Suchand vom Comitee Düsseldorfer Carneval klar. Im Linksrheinischen gebe es verschiedene kleinere Karnevalszüge. „Aber der Rosenmontag gehört in die Altstadt, die Innenstadt. Das war immer so, und das wird auch so bleiben.“