Angeklagter im Mordfall hält Erklärung zurück : Wie kam die DNA auf Nicky Verstappens Unterhose?
Maastricht/Aachen Angeklagter Jos B. schweigt vor Gericht in Maastricht. Sein Anwalt nennt die Theorie der Staatsanwaltschaft „Fiktion“.
Die Anklage hat im Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder von Nicky Verstappen dargelegt, wie Jos B. den damals Elfjährigen vor 21 Jahren in der Brunssummer Heide umgebracht haben soll. Der Junge sei erstickt worden, um den sexuellen Missbrauch an dem Jungen zu verdecken. Die Schlussfolgerung fußen nach Medienberichten vor allem auf zahlreichen DNA-Spuren, die insbesondere auf der Unterhose des Jungen gefunden worden waren.
Auf Jos B. (57) waren die Ermittler nach einer groß angelegten DNA-Verwandtschaftsuntersuchung 2018 gestoßen, 20 Jahre nachdem der Junge aus einem Ferienlager in dem Naherholungsgebiet nordwestlich von Aachen verschwunden war.
20 Jahre nach dem Tod von Nicky Verstappen hatte es diesen Treffer in Limburg gegeben, der jetzt 57-jährige Jos B. hatte sich abgesetzt und war nach seiner Flucht in Katalonien festgenommen worden. Er steht jetzt in Maastricht vor Gericht. B. bestreitet die Tat, liefert aber auch keine Erklärung dafür, wie seine Spuren auf Nicky Verstappen gelangt sind.
Die Anklage vertritt vor dem gericht in Maastricht die Theorie, dass Jos B. am 10. August 1998 Nicky Verstappen entführte und missbrauchte. Am Ende sei der Elfjährige erstickt worden, eine andere Todesursache komme nicht in Frage. Nickys Leichnam wies keine Spuren auf, die eindeutige Schlussfolgerungen auf seine Todesursache zuließen.
Jedoch seien an seinem Hals Druckpunkte und an seiner Nase und seinem Hals Verfärbungen gefunden worden, die auf Würgen oder Ersticken hindeuten. Jos B. ist nun des qualifizierten Totschlags verdächtigt, der nach niederländischem Recht mit bis zu 30 Jahren Haft bestraft werden kann.
Auf der Unterhose des Elfjährigen seien Speichelspuren von Jos B. gefunden worden, auf der Innenseite der Unterhose ebenfalls DNA-Spuren von Speichel und Hautschuppen sowie sogenannte Kontaktspuren. Die große Anzahl der gefundenen DNA-Spuren – insgesamt 27 – in Verbindung mit den Fundorten sage viel aus, so die Staatsanwaltschaft, die die Verlängerung der Untersuchungshaft beantragte.
Zudem führte sie die Zeugenaussagen zweier Frauen an, die Jos B. 1998 mit einem Jungen auf einem Fahrrad gesehen haben. In der Vergangenheit habe Jos B. ähnliche Verhaltensmuster gezeigt, als er 1984 und 1985 unbekannte Jungen in einem Wald von hinten packte und in ihre Unterhose fasste, damals kam er mit einer Bewährungsauflage davon. Auf seinem Computer waren auch kinderpornografische Bilder gefunden worden.
Der 57-Jährige stritt im Gerichtssaal erneut ab, Nicky entführt, missbraucht oder ermordet zu haben. Laut seinem Anwalt hat er jedoch eine Erklärung verfasst, die er „bis zum geeigneten Zeitpunkt“ zurückhalten wolle. Nach wiederholten Aufforderungen des Richters, sich zu den DNA-Spuren zu äußern, berief sich Jos B. lediglich auf sein Schweigerecht.
Sein Rechtsanwalt bezeichnete die Theorie der Staatsanwaltschaft als „Fiktion“. Es gebe keine ausreichenden Beweise dafür, zudem gebe es noch immer eine DNA-Spur auf der Unterhose des Jungen, die zu einem Unbekannten gehöre. Die Verteidigung beantragt, eine Reihe von Zeugen zu hören, die zur Entlastung von Jos B. beitragen können.
Der Prozess ist nach Darstellung niederländischer Medien bis ins nächste Frühjahr terminiert.