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Hochwasser: Eschweiler Krankenhaus evakuiert

Krankenhaus in Eschweiler : Kein Trinkwasser, kein Strom, kein Telefon

Die Lage ist dramatisch: Das komplette Eschweiler Krankenhaus mit seinen fast 300 Patientinnen und Patienten muss wegen des Hochwassers evakuiert werden. Der Geschäftsführer spricht von einer Katastrophe.

Am frühen Morgen, nach der nächsten Lagebesprechung, gab es nur noch diesen einen Ausweg. Das St.-Antonius-Krankenhaus in Eschweiler musste komplett geräumt werden. „Wir haben hier natürlich einen Katastrophenplan“, sagt der Geschäftsführer Elmar Wagenbach am Ende der wohl anstrengendsten Nacht seines Lebens, „aber jetzt sind alle theoretischen Szenarien auf einmal aufgetreten“.

Wagenbach und dem Krisenstab blieb keine andere Wahl mehr, als das Gebäude mit seinen aktuell 295 Patientinnen und Patienten – darunter 17 intensivpflichtige – komplett zu evakuieren.

Der Entschluss fiel gegen 5.30 Uhr am Donnerstagmorgen. Über Nacht hatte sich die Situation am Krankenhaus in der Innenstadt weiter zugespitzt. Hunderte Feuerwehrleute von unterschiedlichen Löschzügen aus der Städteregion Aachen, dem Kreis Heinsberg, aus Coesfeld und Gelsenkirchen hatten in den Stunden zuvor versucht, das Gebäude mit Tausenden Sandsäcken zu sichern.

Das Krankenhaus in Eschweiler muss evakuiert werden.
Das Krankenhaus in Eschweiler muss evakuiert werden. Foto: Annette Boeg

Später wurden die Pumpen herausgeholt, dann weitere Sandsäcke gestapelt, neue Pumpen angeworfen. Irgendwann waren dann aber buchstäblich die Dämme gebrochen. Der gesamte Infrastrukturbereich im Untergeschoss lief voll Wasser, Strom fiel dauerhaft aus, und auch die hausinterne Notstromverteilung musste abgeschaltet werden. Land unter. „Wir haben das gesamte Augenmerk daraufgelegt, unsere Patienten zu schützen“, sagt Wagenbach später. „Das ist uns gelungen.“

Feuerwehrleute brachten auf dem Dach des Hauses Notstromaggregate an, damit wenigstens die Intensivstation auf der 7. Etage noch elektrisch versorgt werden konnte. Beatmungsmaschinen oder andere Geräte wurden mit Batterien betrieben, deren Laufzeit aber endlich ist. Ein Sprecher der Städteregion stufte am Morgen die Lage als „dramatisch“ ein.

„Gerettet“ wurden in der Nacht auch Feuerwehrleute, die die Wassermassen nicht mehr bändigen konnten. Sie mussten sich in höhere Etagen begeben. Viele eingetauchte Fahrzeuge der Feuerwehr sprangen am Morgen ohnehin wegen Motorschaden nicht mehr an, sie wurden vorerst zurückgelassen.

Das Hospital in der Innenstadt war da schon weder auf digitalen noch auf analogen Wegen erreichbar. Das Gebäude war komplett umflutet, die Zufahrtsstraßen nicht mehr passierbar. Zudem war auch die Telefonanlage schon länger ausgefallen. Angehörige der Patienten wurden gebeten, sich beim Hospital über dessen Facebook-Seite melden.

Im Krisenstab der Städteregion, der in Simmerath eingerichtet ist, wurde unterdessen geprüft, wie die Bergung funktionieren konnte. Zwar ist auf dem Dach des Hauses schon seit Jahren ein Hubschrauberlandeplatz angelegt, aber nicht alle Patientinnen und Patienten galten als flugfähig. Bis zum Donnerstagabend wurden dann alle Intensivpatienten in angrenzende Krankenhäuser geflogen, auch mit Hilfe eines ADAC-Helikopters.

Kurzfristig konnten weitere 170 entlassen werden, für die kein stationärer Aufenthalt mehr nötig war. Zwischenzeitlich gab es auch die Überlegung, Patientinnen und Patienten mit Booten des THW abzuholen. Dafür war letztlich die Fließgeschwindigkeit des Wassers zu hoch. Am Nachmittag zogen sich dann die Wassermassen etwas zurück, so dass wieder Krankenwagen und Bundeswehr-Fahrzeuge eingesetzt werden konnten.

Bis zum Abend, so hoffte Brandrat Axel Johnen, der Leiter der Freiwilligen Feuerwehr in Eschweiler, sollte das komplette Haus evakuiert sein. Kurzfristig, so der Plan, sollte auch ein Aufzug wieder aktiviert werden, um den Umzug zu erleichtern. Johnen, seit Jahrzehnten im Einsatz auch bei Hochwasserlagen, konnte sich nicht an ein vergleichbares Ereignis erinnern. „Ältere Kollegen erzählen, dass es 1966 ähnlich gewesen sein soll. Ich selbst habe eine solche Dimension nie kennengelernt.“

Das nächste Problem stellte sich für die Retter am Donnerstagmorgen ein, nachdem in Eschweiler eine große Trinkwasserleitung gebrochen war, die die Eschweiler Innenstadt versorgt. Auch davon war das Hospital betroffen, dem neben Strom jetzt auch das Trinkwasser ausging.

Am Ende des Tages sprach Geschäftsführer Wagenbach von einer „absoluten Katastrophe für unser Haus, deren Ausmaß ich nicht zu beziffern vermag“.