Neue Polizeihunde in NRW : Herr Rossi erschnüffelt jetzt Handys
Neuss Die nordrhein-westfälische Polizei hat jetzt fünf Diensthunde mit Spezialfähigkeiten in ihrer Staffel. Sie können auch versteckte Handys und Datenspeicher erschnüffeln. Eine Folge des Kindesmissbrauchs von Lügde.
Ali Baba, Jupp und Herr Rossi sind außer sich: Ungestüm springen die Schäferhunde am Dienstag im Polizeiausbildungszentrum Neuss auf Sofas, durchschnüffeln Sesselritzen, Bücherregale und Blumentöpfe. Ihr Auftrag: Smartphones, USB-Sticks und andere Speichermedien finden. Zusammen mit Theo und Odin gehören sie zu den ersten zertifizierten „Datenspeicher-Spürhunden“ der nordrhein-westfälischen Polizei und zu den ersten Polizeihunden mit dieser Sonderqualifikation bundesweit.
Bei den Ermittlungen zum massenhaften Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz im lippischen Lügde sei der Landespolizei bewusst geworden, dass in ihrer inzwischen 318 Tiere umfassenden Hundestaffel etwas fehlte, berichtet NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der Vorstellung der neuen Spezialisten.
Eigentlich habe die Polizei gedacht, sie habe am Tatort „alles leer geräumt“. Dann habe der aus sächsischen Justizdiensten ausgeliehene Datenspeicher-Spürhund „Artus“ aber in einer Sesselritze tatsächlich noch Beweismittel erschnüffelt. Damit habe festgestanden: „Sowas können wir auch ausbilden.“
Ali Baba ist der vor Eifer strotzende Beweis: Der Holländische Schäferhund-Mischling, den seine Hundeführerin Christina Guse wegen seines zotteligen Fells meist „Flauschi“ ruft, findet fingerkleine Mini-Handys ebenso mühelos USB-Sticks im kleinsten Winkel der präparierten „Tatort-Wohnung“. Was genau die Supernasen dabei erschnüffeln, sei „eine Art Betriebsgeheimnis der Hunde“, sagt der Leiter des Projekts Datenspeicher-Spürhunde NRW, Hauptkommissar Carsten Pitzer.
Festnetztelefone lässt Ali Baba ebenso links liegen wie Fernbedienungen. In seiner 20-tägigen Ausbildung hat der fünfjährige Rüde genau gelernt, was von ihm verlangt wird. Sobald seine Nase Smartphones oder Datenspeicher erschnüffelt, bleibt er wie eingefroren stehen. Erst wenn seine Hundeführerin mit einem kleinen Tacker „Klick“ macht, „taut“ er wieder auf und weiß, was jetzt kommt: Spielen mit seiner Beißwurst als Belohnung! Andere vierbeinige „Kollegen“ lassen sich lieber mit Leckerlis belohnen.
Gerade im Bereich der Kinderpornografie, wo Ermittler mit unvorstellbaren Datenmengen und meist sorgfältig verborgenen Speichermedien konfrontiert sind, seien die Hunde eine große Hilfe, berichtete Pitzer. In der NRW-Justiz gibt es bereits drei Hunde mit dieser Spezialausbildung. Auch bei der Polizei in Brandenburg laufe ein Versuch mit einem Datenspeicher-Spürhund.
Alle Vierbeiner mit dieser Zusatz-Qualifikation sind zuvor auch als Schutz- und Rauschgiftspürhunde ausgebildet worden. Bis zu zehn Jahre können sie ihren anspruchsvollen Job machen. „Ein gut ausgebildeter Hund ist der beste Freund des Ermittlers und eine echte Erleichterung“, sagt Reul.
Die Polizei weiß um die Vorteile tierischer Helfer, wo ihre eigenen Sinnesorgane versagen. In Niedersachsen seien schon die Schnüffel-Qualitäten eines „Polizei-Wildschweins“ erprobt worden, erzählt Polizeidirektor Thomas Kubera. Auch „Polizei-Geier“ als Leichensucher seien bereits in Testflügen über Deutschland gekreist. Darüber hinaus werde erforscht, ob der exzellente Geruchssinn von Bienen für die Drogenfahndung nutzbar sei.
Fester Bestandteil der Polizeistaffel in NRW sind bereits Spürhunde, die Rauschgift, Sprengstoff, Brandmittel, Personen, Leichen oder Banknoten erschnüffeln können - und jetzt eben auch Datenspeicher. „Für mich als Laie ist es faszinierend, was Diensthunde der Polizei lernen und leisten können“, schwärmt Reul. Möchte er nicht selbst so einen Hund zuhause haben? „Nein, brauche ich nicht“, feixt der Innenminister. „Ich habe ja kein Rauschgift zuhause.“