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Hambacher Forst: Zwei Großdemos im Rheinischen Revier

Bergleute und Aktivisten mobilisieren : Die nächsten Großdemos im Rheinischen Revier

Ob und wie lange die Braunkohle in Deutschland noch eine Zukunft hat, könnte sich schon bald entscheiden. Bergleute und Gewerkschaften demonstrieren ebenso wie Braukohlegegner. Und eine Umweltaktivistin greift RWE an.

Mehrere Bergbau-Gewerkschaften sind dabei, für eine Großdemonstration im Rheinischen Revier zu mobilisieren. Während die Kohlekommission am kommenden Mittwoch Tagebaue und RWE-Betriebe bereist, sollen nach Angaben der Industriegewerkschaft Bergbau. Chemie, Energie (IG BCE) in Bergheim „mehr als 10 000 Menschen auf die Straße gehen“, wie ein IG BCE-Sprecher am Donnerstag auf Anfrage unserer Zeitung mitteilte.

Die als Kohlekommission bekannte Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ der Bundesregierung soll bis Weihnachten einen Plan für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung in Deutschland erarbeiten. Dieser Plan soll sowohl das Einhalten der deutschen Klimaziele als auch die Versorgungssicherheit berücksichtigen. Die Kommission entscheidet damit auch, zumindest mittelbar, über die Zukunft der etwa 9000 bei RWE beschäftigten Bergleute im Rheinischen Revier.

Soli-Demo für „Ende Gelände“-Aktivisten

Am Donnerstag kündigten zudem die Protest-Organisation Campact, die Naturfreunde Deutschland und das Umweltinstitut München eine Solidaritätsdemonstration für die „Ende Gelände“-Aktivisten an, die am 27. Oktober vermutlich wieder den Tagebau Hambach stürmen werden. Die Demo soll am Hambacher Forst stattfinden und könnte nach Informationen unserer Zeitung unter anderem den Zweck haben, möglichst viele Polizisten zu binden, damit möglichst viele „Ende Gelände“-Aktivisten in den Tagebau gelangen können.

„Ende Gelände“ 2017: Ab dem 25. Oktober sammeln sich erneut Hunderte, vielleicht sogar Tausende Umweltaktivisten im Rheinischen Revier. Am Samstag werden sie dann wohl wieder den Tagebau Hambach stürmen.
„Ende Gelände“ 2017: Ab dem 25. Oktober sammeln sich erneut Hunderte, vielleicht sogar Tausende Umweltaktivisten im Rheinischen Revier. Am Samstag werden sie dann wohl wieder den Tagebau Hambach stürmen. Foto: ZVA/Daniel Gerhards

Bei der „Ende Gelände“-Veranstaltung Anfang November 2017 waren etwa 1500 Aktivisten in den Tagebau Hambach gelaufen. Wie die Aachener Staatsanwaltschaft am Donnerstag erklärte, seien mittlerweile die ersten Strafbefehle gegen damals in den Tagebau gestürmte Aktivisten wegen Hausfriedensbruchs beantragt worden. Wie viele Verfahren die Staatsanwaltschaft eingeleitet hatte, konnte Behördensprecher Jost Schützeberg nicht sagen. Zunächst war nur ein einziger Aktivist identifiziert worden. Im Laufe dieses Jahres aber habe sich die Zahl deutlich erhöht, sagte Schützeberg.

RWE-Betriebsrat in der Kritik

Die Kerpener Umweltaktivistin Antje Grothus, Mitglied in der Kohlekommission, fordert nach einer minutenlangen Demonstration vor ihrem Wohnhaus am Mittwoch von RWE „personelle Konsequenzen“. Der RWE-Betriebsrat Walter Butterweck, der unter den etwa 80 Demonstranten vor Grothus’ Haus gewesen war, hatte noch am Mittwochabend versucht, Grothus die Beweggründe der Demonstration begreiflich zu machen: „Was wir wollten, ist zu zeigen, dass es nicht nur um Bäume geht, sondern um Menschen und deren Familien, die ganz konkret von Arbeitsplatzverlusten bedroht sind“, schrieb Butterweck.

Antje Grothus überdenkt nach dem Protest vor ihrem Privathaus ihr Engagement in der Anti-Braunkohle-Bewegung.
Antje Grothus überdenkt nach dem Protest vor ihrem Privathaus ihr Engagement in der Anti-Braunkohle-Bewegung. Foto: zva/Marc Heckert

Grothus hielt dem am Donnerstag entgegen, dass auch sie und andere Bürger im Rheinischen Revier „Betroffene“ seien, nicht nur die RWE-Mitarbeiter. „Wir sind direkt betroffen durch massive Wertverluste unserer Immobilien, Heimatverlust durch Zwangsvertreibung und Zwangsenteignung, durch die von der Kohleförderung und -verstromung ausgehenden Gesundheitsgefahren, und massive Beeinträchtigungen unserer Lebensqualität“, teilte Grothus mit.

Eine Entschuldigung des IG BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis reiche diesmal nicht aus. „Mit dieser erneuten Entgleisung des Betriebsratsvorsitzenden, der seine verantwortungsvolle Position in unverantwortlicher Weise ausnutzt, um Mitarbeiter*innen gegen eine Tagebaubetroffene und ihre Familie aufzuwiegeln, muss personelle Konsequenzen haben“, erklärte Grothus weiter.

Der Energiekonzern RWE, bei dem die meisten der etwa 80 Demonstranten beschäftigt sind, die vor Grothus’ Haus waren, äußerte sich auch am Donnerstag nicht zu dem Vorfall.