Warnstreik in der Region : Fast 2500 städtische Mitarbeitende folgen Warnstreik-Aufruf nach Aachen
Update Region Verdi bestreikt in einigen NRW-Großstädten und auch in der Städteregion Aachen die Verwaltung – die Auswirkungen sind am Donnerstag erlebbar. Auch Kitas sind betroffen.
Mit den Arbeitsniederlegungen wollen die Beschäftigten ihren Forderungen im laufenden Tarifstreit des Öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen Nachdruck verleihen. Auch die Region ist betroffen. Kundgebungen fanden etwa in Aachen statt. Wir berichten aktuell von den Auswirkungen.
Aachen
In der Städteregion Aachen sind alle Kommunen zum Streik aufgerufen, wie Mathias Dopatka mitteilt. „Die Schwerpunkte liegen auf der Stadt Aachen, der Verwaltung der Städteregion und auf den Städten Eschweiler und Stolberg. Aber auch aus der Eifel und dem Nordkreis erwarten wir Teilnehmende“, sagt der Verdi-Gewerkschaftssekretär am Donnerstagmorgen. Gut 2000 Demonstranten sind am Donnerstag dem Warnstreik-Aufruf von Verdi in Aachen und der Städteregion später gefolgt. „Bei diesem Anblick wird mir ganz warm ums Herz“, sagte der örtliche DGB-Chef Ralf Wölk bei eisiger Kälte am Elisenbrunnen, wo sich die Streikenden am Vormittag versammelten. Zeitgleich hatten sich auch etwa 400 Mitglieder der Komba-Gewerkschaft am Markt versammelt.
Die Folgen sind und waren vor allem in Aachen für viele Menschen und insbesondere Familien mit Kindern unmittelbar zu spüren. Mehr als 40 Kitas bleiben allein im Stadtgebiet komplett geschlossen, etwa 15 Kitas halten lediglich einen Notbetrieb aufrecht. Auch die Offenen Ganztagsschulen bleiben vielfach dicht. Die städtische Müllabfuhr ist komplett lahmgelegt. Etliche Ämter, darunter auch das städtische Servicecenter, sind ausgedünnt und nur eingeschränkt erreichbar.
An den vier städtischen Schwimmhallen stehen Badegäste vor verschlossenen Türen. Und auch die Stadtbibliothek an der Couvenstraße bleibt zu. Die Folgen des Warnstreiks können am Abend auch im Theater Aachen zu spüren sein, wo der Probenbetrieb behindert wurde. Einschränkungen hat es in der gesamten Städteregion gegeben. Auch Delegationen aus Heinsberg und Düren beteiligten sich an der Kundgebung in Aachen.
Stolberg und Eschweiler
Die Auswirkungen des Streiks waren in Eschweiler deutlich spürbar. „Rathaus und Bürgerbüro sind komplett geschlossen“, teilt René Costantini auf Anfrage unserer Zeitung mit. Über geschlossene Kitas hat der städtische Pressesprecher keine Informationen, ebenso fehlen zurzeit Auswirkungen auf den Baubetriebshof und die Müllentsorgung. Der für den Abend angesetzte Planungs-, Umwelt- und Bauausschuss soll laut Costantini aber stattfinden.
In Stolberg sind zahlreiche Kitas von den Streiks betroffen. Geschlossen sind die folgenden Einrichtungen: Vicht, Saarstraße, Corneliastraße, Stadtrandsiedlung, Parkstraße, Wiesenstraße, auf der Liester, Höhenstraße, Foxiusstraße, Zweifall, Höhenkreuzweg. An der Spinnereistraße und der Bertholdstraße gilt die Notbetreuung, am Tomborn soll eine Gruppe geöffnet sein. Regulär im Betrieb sind (Stand Mittwochnachmittag): Mozartstraße (mit eingeschränkten Öffnungszeiten), Franziskusstraße, Steinweg, Mausbach, Pirolweg, Schevenhütte, am Holderbusch. Das Hallenbad am Glashütter Weiher ist ebenfalls regulär geöffnet.
Kreis Düren
Im Kreis Düren haben am Donnerstag Mitarbeitende der Einrichtungen der Kreismäuse AöR gestreikt. Rund 60 Mitarbeitende traten nach Angaben des Kreises in den Ausstand, also etwa 7,5 Prozent der Belegschaft. Sechs Einrichtungen waren betroffen.
Die Auswirkungen für Kinder und Eltern sind besonders in den städtischen Einrichtungen in Düren zu spüren: „In Gänze betroffen war bei uns der Kita-Bereich, mindestens fünf Einrichtungen sind geschlossen und in zweien wurden Notgruppen eingerichtet“, berichtet ein Sprecher.
Auch Mitarbeitende der Sparkasse Düren beteiligen sich am Streikaufruf, wie Sprecher Dirk Hürtgen auf Nachfrage mitteilt. Alle Leistungen seien für die Kundinnen und Kunden aber normal nutzbar – von den Beratungscentern bis hin zu den mobilen Filialen.
NRW
„!!! Streik !!!" - die Anzeigetafeln am Düsseldorfer Hauptbahnhof zeigen es an: Es fährt kein Bus nach Nirgendwo. Doch nicht nur das: Auch Kitas und Bürgerbüros bleiben geschlossen, Mülltonnen werden nicht geleert. Der Warnstreik der Gewerkschaft Verdi im Öffentlichen Dienst hat manchem Pendler am Donnerstag einen Fußmarsch abverlangt.
Freuen konnten sich Taxifahrer und E-Scooter-Verleiher. Rund 10.000 Beschäftigte hätten sich in Nordrhein-Westfalen an dem Ausstand beteiligt, sagte ein Verdi-Landessprecher.
Busse und Bahnen blieben in den Depots und auch die Wuppertaler Schwebebahn „schwebte“ nicht. Schüler sattelten bei Minusgraden vom Schulbus auf das Fahrrad um. Aufgerufen zu den Arbeitsniederlegungen hatten die Gewerkschaften Verdi und Komba. Es geht um die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst.
Mit dem zweitägigen Ausstand will die Gewerkschaft ihrer Forderung nach 10,5 Prozent mehr Lohn im laufenden Tarifstreit Nachdruck verleihen. Im städtischen Nahverkehr wurden laut Verdi Düsseldorf, Bielefeld, Dortmund, Remscheid, Solingen und Wuppertal bestreikt – wobei die Auswirkungen über die Stadtgrenzen hinaus reichten.
Nahverkehrsbetriebe hatten ihre Kunden vorab gewarnt vor dem, was am Donnerstag kam: Der Fahrplan für Busse und Stadtbahnen werde „ausgesetzt“, hieß es etwa in Bielefeld. „Bitte greifen Sie auf Alternativen zurück.“ In Dortmund hatte man konstatiert: „Die Streikmaßnahmen werden den Nahverkehr in Dortmund komplett stilllegen.“
Betroffen von den Arbeitsniederlegungen waren laut Verdi auch Stadtverwaltungen, Kitas, Müllentsorgungsbetriebe und Kliniken. Die Landeshauptstadt etwa hatte Eltern versprochen, man werde versuchen, „Notgruppen anzubieten, um die Betreuung für Kinder, deren Eltern zwingend darauf angewiesen sind, sicherzustellen.“
In der aktuellen Tarifrunde fordert Verdi 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. In Nordrhein-Westfalen seien das 640.000 Beschäftigte.
Die zweite Runde der Tarifverhandlungen ist für den 22. und 23. Februar in Potsdam geplant. Vor dem Rathaus in Düsseldorf kamen mehrere Hundert Menschen zu einer Kundgebung. Größere Demonstrationen und Kundgebungen waren auch in Dortmund und Köln geplant.
Die Tarifforderung von Verdi ist nach Ansicht der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen wirtschaftlich nicht verkraftbar. Die Forderung nach einer Lohnerhöhung von mindestens 500 Euro monatlich entspreche einer durchschnittlichen Lohnerhöhung um 15 Prozent und in den unteren Lohngruppen von bis zu 25 Prozent, sagte Hauptgeschäftsführer Bernhard Langenbrinck in Wuppertal der dpa.
Bundesweit würde dies Mehrkosten von über 15 Milliarden Euro jährlich bedeuten. „Wir hatten gerade erst den Auftakt der Tarifverhandlungen. Da ist ein zweitägiger Warnstreik schon ungewöhnlich“, sagte Langenbrinck. Die Arbeitgeber strebten einen Tarifabschluss in der dritten Verhandlungsrunde an.
Stephanie Peifer vom Verdi-Bezirk Düssel-Rhein-Wupper nannte die Forderung dagegen „bescheiden“. In einer Stadt wie Düsseldorf werde es für die Beschäftigten der unteren Lohngruppen immer schwieriger, ihr Leben zu finanzieren.
Dass die Arbeitgeber bislang kein Angebot vorgelegt hätten, sei respektlos und Ausdruck mangelnder Wertschätzung. „Die Räder stehen still. Auf den Betriebshöfen brodelt es. Die Streikbereitschaft ist enorm“, sagte Peifer. Gewerkschaftsredner merkten am Düsseldorfer Rathaus an, dass die Beschäftigten in Deutschland im vergangenen Jahr die historisch höchsten Reallohnverluste hätten hinnehmen müssen.
Neun von elf Verdi-Bezirken in NRW hätten sich am Donnerstag an dem Ausstand beteiligt, wie ein Verdi-Sprecher in Düsseldorf sagte, der für die Betroffenen auch Trostpflaster bereithielt: An diesem Freitag werde der Umfang der Streikmaßnahmen deutlich geringer ausfallen.