Encrochat-Prozess : Aachener sollen Drogen über verschlüsselte Handys gedealt haben
Aachen Zwei Angeklagte müssen sich in Aachen wegen Drogenhandels vor dem Landgericht verantworten. Sie sollen mit Krypto-Handys von Encrochat Drogen im Wert von 1,3 Millionen Euro verkauft haben.
Vor dem Landgericht Aachen hat am Freitag ein Prozess gegen zwei Angeklagte begonnen, die mithilfe von speziellen Krypto-Handys des Anbieters Encrochat große Mengen Drogen ge- und verkauft haben sollen.
Die Krypto-Handys von Encrochat boten eine spezielle „Ende-zu-Ende“-Verschlüsselung an, die lange als unhackbar galt. Genutzt wurde sie vor allem von Kriminellen aus aller Welt, zuletzt hatte die Plattform Ende 2020 rund 60.000 Nutzer. Dann gelang es französischen Ermittlern, die Plattform zu knacken. Sie gaben einschlägige Daten von deutschen Nutzern an das Bundeskriminalamt (BKA) weiter. Im Sommer 2021 verkündete das Bundeskriminalamt die Bilanz von 2250 Ermittlungsverfahren und mehr als 750 vollstreckte Haftbefehle aus der Auswertung der Encrochat-Daten und eine damit einhergehende entscheidende Schwächung der Drogenkriminalität. Insgesamt wurden in Europa mehr als 1000 Verdächtige festgenommen.
Auch zwei Männer aus Aachen sollen Nutzer von Encrochat gewesen sein. Sie gerieten mit ihren mutmaßlichen umfangreichen Drogengeschäften ins Visier von Ermittlungen des BKA. Gegen sie wurde nun Anklage wegen Drogenhandels in 28 Fällen vor dem Aachener Landgericht erhoben.
Das zugehörige Verfahren begann an diesem Freitag. Angeklagt sind vor der 9. Großen Strafkammer mit dem Vorsitzenden Georg Richter der 28-jährige Amin M. und der 44-jährige Rzgar R., beide wohnhaft in Aachen und ursprünglich aus dem Irak stammend. 19.000 Chats haben die zuständigen Behörden im vorliegenden Fall übermittelt bekommen. Aus deren Auswertung ergab sich laut der Aachener Anklagebehörde der Vorwurf, dass vor allem Haupttäter Amin M. zwischen dem Frühjahr 2020 und Anfang 2021 rund 150 Kilogramm Marihuana und 20 Kilogramm Kokain aus den Niederlanden in die Region geschmuggelt haben soll. Die Drogen soll er dann über den verschlüsselten Chat in Deutschland weiterverkauft haben. Der Gesamtwert der Drogenware wird von der Staatsanwaltschaft auf 1,3 Millionen Euro geschätzt.
Im benachbarten niederländischen Geleen und auch in Landgraaf sollen die Angeklagten bei Verkäufern jeweils Mengen von zumeist fünf bis zehn Kilogramm Marihuana gekauft und dann über die Grenze ins Aachener Frankenberger Viertel gebracht haben. Die Verkäufer gaben sich in den Chats Namen wie „Holistic Blazer“ und „Limited Jaw“.
Vom Frankenberger Viertel aus sollen die Angeklagten die Drogen weiterverkauft haben, beispielsweise nach Bonn und Gummersbach. Die Käufer trugen im Chat Namen wie „DJ“, „Pablo“ und „Fatos“.
Auch aus Vaals sollen die Angeklagten Drogen über die Grenze geschmuggelt haben – einmal sogar fußläufig, weil kein Fahrzeug vorhanden war und ein Kunde dringend auf eine neue Lieferung bestand.
In drei Fällen soll der 44-Jährige dem Hauptangeklagten Amin M. geholfen haben. Beide Männer teilten sich die Wohnung im Frankenberger Viertel. Als sie im Februar 2021 festgenommen wurden, fand man im Auto der Beschuldigten zwei Kilogramm Marihuana und 5000 Euro Bargeld in ihrer Wohnung.
Das Verfahren hatte bereits im August begonnen und musste wegen nicht ausreichender Ermittlungen beendet und jetzt neu angesetzt werden. Die Verwendung von Encrochat-Daten ist wegen ihrer zweifelhaften Genese in Deutschland zumindest juristisch umstritten. Das Verfahren wird am Montag, 8. November, im Aachener Landgericht fortgesetzt, die beiden Angeklagten schwiegen bislang zu den Vorwürfen.