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Forschungsprojekt im Dreiländereck: Eine Milliarde für das Einstein-Teleskop

Forschungsprojekt im Dreiländereck : Eine Milliarde für das Einstein-Teleskop

Niederlande stellen fast die Hälfte der Gedsamtkosten zur Verfügung. Reicht das, um die Konkurrenz auszustechen?

Es geht um grundsätzliche Fragen der Wissenschaft und um eine Menge Arbeitsplätze: 2025 will die Europäische Union entscheiden, wo das Einstein-Teleskop aufgestellt wird – eine gigantische Anlage, die Gravitationswellen messen kann. Ein möglicher Standort ist unsere Region.

Das Teleskop ist ein Gravitationswellen-Observatorium und soll helfen, die Ursprünge des Universums zu entschlüsseln. Es soll unterirdisch in 200 bis 300 Metern Tiefe angelegt werden und aus einem Dreieck mit einer Schenkellänge von je zehn Kilometern bestehen. Die Gesamtkosten werden auf etwa zwei Milliarden Euro beziffert, entstehen sollen direkt oder indirekt mehr als 1000 hochkarätige Arbeitsplätze. Für die Euregio sprechen die Ruhe, der stabile Untergrund und das hochkarätige Netzwerk aus Wissenschaftsinstituten und Hightech-Unternehmen.

Die Niederlande haben nun fast eine Milliarde Euro zur Finanzierung des Prestigeprojekts zugesagt. Sie gehen damit erneut in Vorleistung, denn sie haben bereits enorme Summen für einen Prototyp (ET Pathfinder) in Maastricht gezahlt, in dem Techniken für das Einstein-Teleskop entwickelt oder zur Erkundung des Untergrunds bereitgestellt werden. Derartige Untersuchungen werden nun mit 42 Millionen Euro gefördert, weitere 870 Millionen Euro werden für den Bau des Detektors reserviert.

Dessen Realisierung hat die EU bereits beschlossen, nur der Standort ist noch nicht festgelegt. Neben der Euregio ist noch Sardinien im Rennen. Auch die italienische Regierung unternimmt große Anstrengungen, um das Vorzeigeprojekt zu bekommen. Dessen Fertigstellung ist für 2035 geplant.

Der Großteil der Gesamtkosten in der Euregio soll von den Gastländern gestemmt werden. Die gut 900 Millionen Euro, die die Niederlande nun bereitstellen, stammen nach einem Bericht der Tageszeitung „De Limburger“ aus einem Nationalen Wachstumsfonds, der insgesamt 20 Milliarden Euro umfasst. Dessen Vorsitzender ist Jeroen Dijssel­bloem. Der ehemalige niederländische Finanzminister lobt die Investition: „Wir wissen von Cern in der Schweiz, dass derartige Infrastruktur eine enorme ökonomische Entwicklung auslösen kann.“ Wirtschaftsministerin Micky Adriaansens verteidigte die Entscheidung in schwierigen Kriegszeiten. „Wir leben in einem wohlhabenden Land, aber das ist nicht selbstverständlich, wir müssen jeden Tag darum kämpfen.“

Federführend für das Projekt ist das Nationale Institut für subatomare Physik, dessen Direktor Stan Bentvelsen es „fantastisch“ findet, dass die Regierung die Niederlande „zum Spitzenreiter in der Untersuchung von Gravitationswellen macht“. Die Mittel sicherten die Bewerbung und legten die Basis für die weitere Zusammenarbeit mit Deutschland und Belgien.

Entstehen soll das Einstein-Teleskop im Gebiet zwischen Aachen, Eupen, Visé und Margraten. In den unterirdischen Tunneln von jeweils zehn Kilometer Länge sollen die winzigen Abweichungen der Gravitationswellen mit hochempfindlichem Laserlicht gemessen werden. So wollen die Forscher unter anderem dem Urknall nahekommen. Für die präzisen Messungen ist wichtig, dass der Untergrund stabil ist, also möglichst aus Felsen besteht, und es an der Oberfläche zu möglichst wenig Erschütterungen kommt, vor allem an den Ecken des Dreiecks. Dort sollten sich auch möglichst wenig Autobahnen, Zugstrecken oder Windkraftanlagen befinden – ein Grund, weshalb die Gegend um Aachen weniger geeignet erscheint und zwei der drei Eckpunkte in Belgien liegen könnten.

Nur dort wird das Einstein-Tele­skop, dessen Verwirklichung jetzt ein Stück näher gerückt ist, durch Gebäude sichtbar sein, ansonsten findet die Forschung in der Tiefe statt – ohne Lärm, Gestank oder gefährliche Strahlung. Das Großprojekt würde dafür sorgen, dass die Landschaft auch in Zukunft geschützt bleibt, große Industrieansiedlungen etwa würden die Messgeräte stören.

Sieben Meter dicke Röhren

Zu Beeinträchtigungen kann es allerdings während der jahrelangen Bauzeit kommen, die weitläufige unterirdische Infrastruktur erfordert die Bewegung großer Erdmassen. Mit Tunnelbohrmaschinen sollen sieben Meter dicke Röhren in einem Dreieck in 200 bis 300 Meter Tiefe vorangetrieben werden, der Abtransport könnte zum Beispiel über stillgelegte Eisenbahnstrecken bei Welkenraedt oder Hombourg erfolgen. Das Laboratorium, in dem die Daten analysiert werden, könnte in Maastricht angesiedelt werden.

Deutschland hat noch keine endgültige Entscheidung getroffen, im Osten gibt es ebenfalls eine Initiative, die das Großprojekt in die Lausitz holen will. Allerdings sind zahlreiche Universitäten, auch die RWTH Aachen, an den Vorbereitungen für das Einstein-Teleskop in der Euregio beteiligt.