Fragen & Antworten : Das sich leerende Klassenzimmer
Düsseldorf Ab Montag sind jüngere Schüler von der Präsenzpflicht befreit. Ältere Jahrgänge müssen zu Hause bleiben. Und jetzt?
Bei Schulen und Kitas hat sich die schwarz-gelbe Landesregierung schon vor der „schnellstmöglich“ erwünschten Abstimmung der 16 Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin festgeleg: Schon ab Montag muss niemand mehr seine Kinder zur Schule schicken. An der Schulpflicht werde aber festgehalten, sagte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP). Aber was heißt das konkret für Eltern, Erzieher, Lehrer, und Schüler. Fragen und Anworten.
Welche Schüler müssen ab Montag zuhause bleiben?
In den Klassen 8 bis 13 wird in der Woche vor den Weihnachtsferien nur noch Distanzunterricht erteilt. Ob die Jugendlichen dann im Homeschooling digital unterrichtet werden oder Aufgaben per Mail und auf anderem Wege erhalten, bleibt den Schulen überlassen. Die Teilnahme am Distanzlernen ist verpflichtend: Nur die Präsenzpflicht ist ausgesetzt, nicht die Schulpflicht.
Was gilt für die jüngeren Schüler?
In den Klassen 1 bis 7 dürfen die Eltern entscheiden, ob ihre Kinder in die Schule gehen sollen oder ob sie wie die älteren Schüler daheim lernen sollen. Wenn die Kinder zu Hause bleiben sollen, reicht eine schriftliche Mitteilung an die Schule. Die Eltern geben dabei an, ab wann ihr Kind ins Distanzlernen wechselt. Frühester Termin ist der 14. Dezember 2020. Ein Hin- und Her-Wechseln zwischen Präsenzunterricht und Distanzlernen von Tag zu Tag ist nicht möglich.
Was gilt für Kinder mit Handicap?
Für Schüler mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung, der eine besondere Betreuung erfordert, muss diese in Absprache mit den Eltern sichergestellt werden, heißt es in der Schulmail des Ministeriums.
Werden Klausuren und Klassenarbeiten trotzdem geschrieben?
Lehrer sollen prüfen, ob die Prüfungen verschoben werden können oder ganz ausfallen. Sollte beides nicht möglich sein, müssen die Schüler nach Aufforderung für den Zeitraum der Klassenarbeit in die Schule kommen. Abiturklausuren am Weiterbildungskolleg und andere (abschluss-)relevante Prüfungen finden in jedem Fall wie vorgesehen statt.
Wie lange dauern die Weihnachtsferien?
Die Weihnachtsferien in NRW enden planmäßig am 6. Januar. Aber auch am 7. und 8. Januar 2021 findet kein Unterricht statt. Es handelt sich dabei aber um unterrichtsfreie Tage, nicht um Ferien.
Warum hat die Landesregierung nicht einfach die Weihnachtsferien verlängert?
Über Ferienregelungen entscheidet die Kultusministerkonferenz aller Bildungsminister der Bundesländer gemeinsam. Zudem haben Lehrer an unterrichtsfreien Tagen nicht frei, sondern beschäftigen sich anderweitig mit schulischen Angelegenheiten.
Was gilt für Berufskollegs?
Hier entscheidet die Schulleitung in eigener Verantwortung, in welchem Bildungsgang und in welchem Umfang Distanzunterricht sinnvoll umsetzbar ist.
Warum hat das Schulministerium jetzt so kurzfristig noch einmal neue Maßnahmen getroffen?
Die Schulministerin begründet die Schritte mit einer anhaltend problematischen Infektionslage und damit, dass sich NRW einer länderübergreifenden Vorgehensweise anschließen müsse.
Was gilt für die Kitas?
Der Kita-Betrieb soll vom 14. Dezember 2020 bis 10. Januar 2021 auf ein Minimum reduziert werden. Gleichzeitig sollen aber Eltern, die eine Betreuung brauchen, diese auch bekommen. „Die Betreuungsgarantie gilt: Kinder, für die der Besuch in ihrem Kindertagesbetreuungsangebot unverzichtbar ist, bekommen ein Betreuungsangebot“, hieß es im Familienministerium. Dies gelte auch für private Gründe. Ein Betretungsverbot der Kitas wie im Frühjahr gibt es nicht.
Wie soll die Betreuung in Kitas dann zurückgefahren werden?
Das Familienministerium richtet einen dringenden Appell an alle Eltern, die Kita-Betreuung nur zu nutzen, wenn es absolut notwendig ist. Die Weihnachtszeit und die Zeit zwischen den Jahren seien für viele Familien ohnehin arbeitsfreie Tage. „Wir bitten alle Eltern: Machen Sie von allen anderen Möglichkeiten Gebrauch, Beruf und Betreuung zu vereinbaren und bringen Sie, wenn es Ihnen möglich ist, Ihr Kind nicht in die Betreuung!“, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums.
Gibt es schon Reaktionen auf die Neuregelungen?
Die Lehrergewerkschaft GEW nannte die neuen Maßnahmen „sinnvoll und unausweichlich“. Die Entwicklung der Infektionszahlen lasse keinen Unterricht in vollen Klassen mehr zu. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) begrüßte die Entscheidung, monierte aber: „Wieder einmal stellt die kurzfristige Ankündigung über die Aufhebung der Präsenzpflicht und die Umstellung auf den Distanzunterricht die Schulen und die Familien vor immense Herausforderungen.“ Der Verband Lehrer NRW nannte die Kommunikation der Landesregierung mit den Schulen „ein Desaster“. SPD-Oppositionsführer Thomas Kutschaty bilanzierte nach dem langen Streit um Präsenz- und Distanzunterricht: „Das Chaos an den Schulen ist jetzt komplett.“ Er forderte, ebenso wie die Grünen, ein langfristiges Handlungskonzept.
Was sagt Schulministerin Yvonne Gebauer? Sind die Schulen vorbereitet?
Die Ministerin sieht die Schulen für die schnelle Umstellung gut gerüstet. Der rechtliche Rahmen für Distanzunterricht bestehe schon seit dem Sommer, Lehrer hätten „fachliche und didaktische Hinweise“ zur Verknüpfung von Distanz- und Präsenzunterricht erhalten so Gebauer. Zwar seien weiterhin nicht alle Schüler und Schulen mit digitalen Endgeräten ausgestattet, man sei aber auf einem guten Weg, meinte die FDP-Politikerin. Laut Staatssekretär Mathias Richter ist Distanzunterricht zwar einfacher mit digitalen Endgeräten, er könne aber auch ohne diese erteilt werden.