Viel Geld für Partnervermittlung bezahlt : Das Geschäft mit der Liebe
Düsseldorf Nett soll er sein, nicht zu alt, aber auch nicht viel jünger, studiert, kulturell interessiert und seriös: Das wünscht sich Katharina Albers, Ende 60, alleinstehend, von einem Partner.
Vor ein paar Jahren beschließt sie, nicht länger allein sein zu wollen. Ihre letzte Beziehung ist schon ein bisschen her, spontane Bekanntschaften, sagt sie, macht man in ihrem Alter nicht mehr so leicht. Also wendet sie sich an eine Partnervermittlung in einer benachbarten Stadt, die in der Zeitung annonciert hat. Nach einem ersten Telefonat fährt Albers ins Büro der Agentur, wo sie sich Fotos von Männern anschauen kann, die in Frage kommen könnten. Auf sie alle, so die Aussage der Agentur, treffen die Wünsche von Albers zu, die Kontaktdaten würden ihr nach Vertragsunterzeichnung übermittelt. Katharina Albers unterschreibt und zahlt – knapp 4000 Euro, unter anderem für die Erstellung einer individuellen Partnerauswahl, Vertragsverhandlungen und die Beratung und Betreuung. So steht es im Vertrag, der laufen soll, bis ein passender Partner gefunden ist.
Katharina Albers heißt eigentlich anders. Ihren richtigen Namen möchte sie nicht nennen, aus Sorge vor einem weiteren Rechtsstreit mit der Vermittlung. Sie lebt in einer mittelgroßen Stadt am Niederrhein, hat einen stabilen Freundes- und Bekanntenkreis. Sie war nie verheiratet und hat keine Kinder. Sie sieht jünger aus, ist sorgfältig geschminkt und modisch gekleidet. 30 Jahre lang hat sie gearbeitet, ist, wie es in Kontaktanzeigen oft steht, finanziell abgesichert. Sie reist gerne, geht ins Museum und in die Oper. „Ich habe damit abgeschlossen und kann offen darüber sprechen“, sagt sie, „vielen anderen geht das nicht so. Sie schämen sich zu sehr.“
Sie wird stutzig, als der Liste mit Kontaktdaten, die sie nach Vertragsunterzeichnung bekommt, keine Fotos beigefügt sind. „Es ließ sich nicht überprüfen, ob die Männer von den Fotos etwas mit denen auf der Liste zu tun hatten“, sagt Albers. Sie kündigt den Vertrag und versucht, ihr Geld zurückzubekommen. Vergeblich. Die Vermittlung beharrt darauf, ihren Job gemacht zu haben – und die Männer auf Basis des Persönlichkeitsprofils von Katharina Albers und deren Vorstellungen ausgewählt zu haben. Auf der Liste stehen 22 Namen, dazu das Alter, der Beruf, Telefonnummer und Adresse. Es gibt keine Fotos, „Vorabinformationen dürftig“ hat sich Albers dazu notiert. Sie hat alle Männer abtelefoniert und teilweise getroffen. Einer von ihnen war verheiratet, zwei waren sogar bereits verstorben. „Die Familien waren entsetzt, als ich angerufen habe“, sagt sie, extrem unangenehm sei das gewesen. Zwei weitere Männer waren jünger als 55 – und damit außerhalb ihres angegebenen Rasters. Wieder andere hatten nicht studiert, auch das entsprach nicht dem, was Albers sich gewünscht hatte. „Diese Liste rechtfertigt in keiner Weise den hohen Preis, den ich dafür bezahlt habe.“
Sie entscheidet sich, die Vermittlung auf Rückzahlung des Honorars zu verklagen. Vor Gericht versucht sie, die Liste als Argument dafür vorzulegen, dass die Vermittlung ihre Aufgabe nicht erfüllt hat. Doch das Gericht weist ihre Klage als unbegründet ab. Zum Zeitpunkt der Kündigung, so steht es im Urteil, sei der Klägerin bereits eine Liste mit 22 Partnervorschlägen übermittelt worden. „Dass der Großteil der Herren auf der Liste überhaupt nicht dem entsprach, was ich im Gespräch als Wunsch angegeben hatte, spielte dabei keine Rolle“, sagt Albers und schüttelt den Kopf.
Sie versucht, gegen das Urteil in Berufung zu gehen – doch auch die nächsthöhere Instanz folgt der Argumentation der Vermittlung. Es liege keine Nichtleistung vor, die für eine Rückzahlung nötig sei – sondern allenfalls eine Schlechtleistung, heißt es in der Urteilsschrift. Eine Karteikarte mit einigen Persönlichkeitsmerkmalen von Albers reichte demnach als Beweis für die Erstellung eines Persönlichkeitsprofils aus, die Profile der Männer auf der Liste habe man mit Verweis auf deren Persönlichkeitsrecht nicht überprüfen können. „Offenbar gibt es keine rechtliche Handhabe gegen diese Machenschaften“, sagt Albers – ein Umstand, der sie immer noch empört. Für sie steht fest: „Ich wurde ausgenutzt und betrogen.“
Auch bei der Verbraucherzentrale NRW kennt man solche Fälle, wie Rechtsanwältin Carolin Semmler sagt. „Hier gibt es regelmäßig Beschwerden über unseriöse Partnervermittlungen“, sagt auch Andreas Nawe, Leiter der Beratungsstelle Langenfeld. Besonders oft treffe es ältere Frauen, die Summen seien häufig vierstellig. „Ein Problem ist, dass viele Vermittlungen von den Kunden verlangen, in Vorkasse zu treten, bevor sie eine Leistung erbringen“, sagt Semmler. Auch Albers musste zahlen, bevor sie die Liste bekam. Zudem komme auch immer wieder vor, dass mit Fotos von Personen geworben wird, die nicht oder nicht mehr in der Kartei seien. „Wir raten immer – egal, ob es sich um eine Vermittlung im Internet oder analog handelt –, nicht alles im Voraus zu bezahlen“, sagt Semmler. Das gelte grundsätzlich, sei aber besonders aus diesem Geschäftsbereich bekannt.
Denn das einmal gezahlte Geld zurückzubekommen, sei schwierig, sagt Carolin Semmler. Bevor man einen oft vierstelligen Betrag überweise, müsse erst geschaut werden: „Wofür zahle ich eigentlich? Was bekomme ich für mein Geld? Was steht in den Geschäftsbedingungen?“ Verstehe man etwas nicht, könne man bei der Vermittlung anfragen – oder sich an die örtliche Beratungsstelle der Verbraucherzentrale wenden.
Häufig sei es billiger und erfolgversprechender, selbst die Initiative zu ergreifen und beispielsweise eine Kontaktanzeige zu schalten. Dabei rät Semmler dazu, den Chiffre-Dienst zu nutzen, um die eigene Adresse oder Telefonnummer nicht angeben zu müssen. „Zudem sollten erste Treffen immer an einem öffentlichen Ort vereinbart werden“, sagt Carolin Semmler, „insgesamt ist es einfach wichtig, vorsichtig zu sein.“
Die Vermittlung, der Katharina Albers vertraut hat, wirkt seriös. Auf ihrer Internetseite wird mit internationalen Kontakten, langjähriger Erfahrung und guter Beratung geworben. „Die nutzen die Einsamkeit und den guten Willen älterer Menschen gezielt aus“, sagt Albers. Auch einige der Männer, mit denen sie Kontakt aufgenommen hatte, seien unzufrieden gewesen. Einer habe etwa erzählt, dass er seit Jahren kein Kunde der Vermittlung mehr sei – tauchte aber trotzdem in der Liste der potentiellen Partner auf. Ob sie selbst noch in der Kartei vermerkt ist, weiß Katharina Albers nicht.