NRW-Kabinettssitzung verschoben : Maskenpflicht im Unterricht soll wieder kommen
Update Düsseldorf Noch in dieser Woche sollen die Corona-Schutzmaßnahmen in NRW verschärft werden. Ministerpräsident Wüst fordert ein einheitliches Vorgehen in Bund und Ländern.
In Nordrhein-Westfalen sollen die Zügel bei den Corona-Schutzmaßnahmen angesichts weiter steigender Infektionsraten noch deutlich straffer angezogen werden. Bereits in dieser Woche müssen sich die Bürger erneut auf schärfere Beschränkungen einstellen.
Wegen der Bund-Länder-Gespräche zur dramatischen Corona-Lage am Dienstag wurde die Sitzung des nordrhein-westfälischen Kabinetts allerdings um einen Tag verschoben. Aufgrund der terminlichen Überschneidung finde sie nicht am Dienstag statt, teilte die Staatskanzlei am Montagabend mit. Damit entfalle auch das angekündigte Pressestatement von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Joachim Stamp (FDP). Das Kabinett solle nun am Mittwoch tagen, hieß es in Regierungskreisen.
Am Dienstagmittag wollen die geschäftsführende Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr designierter Nachfolger Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder über die Krise beraten. Daran ist auch Wüst beteiligt. Als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) will Wüst ein einheitliches Vorgehen von Bund und Ländern anschieben.
„Die Wissenschaft mahnt uns dazu, Kontaktreduzierungen zu verschärfen und da deutlich besser aufzupassen“, erklärte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst am Montag im Radiosender WDR 2. „Das werden wir noch in dieser Woche umsetzen.“ Ein Beschluss gilt bereits als sicher: Die Wiedereinführung der erst Anfang November ausgesetzten Maskenpflicht am Sitzplatz im Unterricht.
Sie werde dem Kabinett die Rückkehr zur Maskenpflicht am Sitzplatz für alle Schulen empfehlen, kündigte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Montag in Düsseldorf an. Ein Unterricht von Angesicht zu Angesicht bleibe vor allem aus pädagogischer Sicht wünschenswert und auch für Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler wichtig. Angesichts des Infektionsgeschehens inklusive der neu aufgetretenen Virusmutation trete aber der Infektionsschutz wieder verstärkt in den Vordergrund.
„Wir reagieren damit in der jetzigen Situation auch auf die Rückmeldungen aus der Schulgemeinschaft, die sich durch die Rückkehr zur Maskenpflicht auch bei den Schülerinnen und Schülern sicherer fühlen“, erläuterte die Schulministerin und fügte hinzu: „Zudem versprechen wir uns davon ein geordneteres und verlässlicheres Verfahren zur behördlichen Anordnung von Quarantänemaßnahmen.“
Oberste Priorität bleibe, die Schulen offenzuhalten und den Präsenzunterricht zu sichern. Gerade in der Pandemie sei es entscheidend, dass für Kinder und Jugendliche ihr Schulalltag weiterhin gewährleistet sei, sie Struktur und Halt bekämen.
Die Maskenpflicht im Unterricht war in NRW erst Anfang November ausgesetzt worden. Gleichzeitig war aber auch die Zahl der Coronavirus-Tests erhöht worden. Schülerinnen und Schüler müssen nach der derzeit geltenden Regelung weiter den Mund-Nasen-Schutz im übrigen Schulgebäude tragen und wenn sie ihren festen Sitzplatz verlassen. Für den Außenbereich der Schulen in Nordrhein-Westfalen war die Maskenpflicht schon vor längerer Zeit abgeschafft worden.
Gleichzeitig drückte Wüst als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) aufs Tempo, um möglichst schnell zu bundeseinheitlichen Schutzmaßnahmen zu kommen. „Wir können nicht warten, bis ein neuer Kanzler gewählt wird. Daher braucht es diese Abstimmung in den nächsten Tagen - am besten schon morgen“, sagte Wüst in Düsseldorf.
Bei den anstehenden Entscheidungen des Landeskabinetts wird es nach Medieninformationen insbesondere um Großveranstaltungen und weitere Orte mit besonderem Infektionsrisiko gehen. Die Oppositionsfraktionen SPD und Grüne haben am Montag eine Sondersitzung des NRW-Landtags für Mittwoch beantragt. „Wenn wir jetzt nicht konsequent gegensteuern, dann drohen im Dezember noch viel höhere Infektionszahlen, und dann werden wir in diesem Winter noch viele weitere Tote zu beklagen haben“, sagte SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty am Montag. Die Landesregierung müsse daher dem Landtag unverzüglich darlegen, mit welchen Maßnahmen sie die vierte Welle brechen wolle.
In Deutschland hat unter anderem die Debatte Fahrt aufgenommen, ob angesichts steigender Infektionszahlen weiterhin Zuschauer in Sportstadien erlaubt werden sollten. Am Wochenende steht der Kassenschlager Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München im Dortmunder Stadion an.
Voraussichtlich müssen Fußball-Fans sich auf konsequentere Corona-Einschränkungen gefasst machen. Wüst äußerte sich kritisch über Bilder aus vollen Stadien. „Wir haben ja Bilder gesehen am Wochenende – auch vom Fußball. Auf der anderen Seite kommen aus anderen Bundesländern - weil wir noch Kapazitäten haben, weil bei uns die Lage noch beherrschbar ist - kommen Patienten zu uns eingeflogen“, sagte Wüst. „Das sind Dinge, die nicht zusammen passen. Und an solche Sachen werden wir auch rangehen.“
Aus Sicht von SPD-Landes- und Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty sollten Fußballspiele nur noch ohne Publikum laufen. Außerdem forderte der Oppositionsführer die sofortige Schließung von Bars, Clubs und Diskotheken sowie das Aussetzen von Großveranstaltungen. Nicht geimpfte Personen sollten sich nur noch mit maximal zwei Haushalten und höchstens zehn Personen treffen dürfen, schlug er vor. Auch die Grünen legten einen 10-Punkte-Plan für drastische Kontaktbeschränkungen vor.
Wüst nannte mehrere zentrale Themen, die dringend ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen erforderten: „Einheitliche Standards für deutliche Kontaktreduzierungen, die Vorbereitung einer allgemeinen Impflicht, das Bereitstellen von Wirtschaftshilfen für mögliche weitere Einschränkungen und die Einrichtung des neuen Krisenstabes beim Bund.“ Falls es zu einer allgemeinen Impfpflicht komme, müsse geklärt werden, ob Hausärzte das alleine stemmen könnten oder ob es zusätzliche Impf-Strukuren geben müsse, sagte Wüst.
Aus Sicht der Gesundheitsminister der Länder sollen für mehr Tempo bei den Impfungen künftig auch Apotheken und Zahnärzte mit einbezogen werden. Laut einem einstimmigen Beschluss der Länder könnte dies über eine zeitlich befristete Ausnahmegenehmigung ermöglicht werden. Bei den Impfungen für Kinder forderten die Länder die EU-Kommission auf, den Impfstoff schneller zur Verfügung zu stellen als wie geplant am 20. Dezember.