Landesregierung unter Druck : Chempark-Explosion beschäftigt Landtag
Düsseldorf Inzwischen ist klar: Kontaminiertes Löschwasser der Katastrophe in Leverkusen ist in den Rhein gelangt. Die Opposition verlangt Aufklärung im Parlament. Das Ministerium hat den Betrieb der Müllverbrennungsanlage untersagt.
Die Opposition im Düsseldorfer Landtag hat der Landesregierung schwere Vorwürfe im Umgang mit der Explosion in der Verbrennungsanlage für Sondermüll im Leverkusener Chempark im vergangenen Juli gemacht. Der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Norwich Rüße, sagte am Sonntag, es mache ihn fassungslos, wie das Unternehmen und die Behörden seit der Explosion den Unfall und seine Folgen managten.
An Weihnachten war bekannt geworden, dass kontaminiertes Löschwasser wegen einer undichten Tankklappe fünf Monate lang ohne die nötige Filterung in eine Kläranlage und anschließend in den Rhein gelangt war. Zunächst war von 180.000 Litern die Rede, Currenta korrigierte diesen Wert jedoch einen Tag später auf 1,3 Millionen Liter. Es ist nicht der erste Fall, in dem die Informationspolitik in der Kritik steht. So hatte die Firma erst spät mitgeteilt, welche giftigen Stoffe bei der Explosion der Tanks freigesetzt worden waren.
Das Landesumweltministerium hat inzwischen den Weiterbetrieb der Sondermüllverbrennungsanlage untersagt. „Voraussetzung für eine Wiederinbetriebnahme der Anlage ist ein stabiles Sicherheitsmanagement“, sagte dazu Ministerin Ursula Heinen-Esser (CDU). Dazu gehöre auch die Klärung der Umstände aktueller Gewässereinleitungen. Eine Aussage, unter welchen Sicherheitsbedingungen eine Wiederinbetriebnahme möglich sei, sei erst nach Abschluss der laufenden Untersuchungen möglich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
Ein Sprecher von Currenta erklärte auf Anfrage, ein großer Teil der bei der Produktion im Chempark anfallenden Abfälle habe bislang über das Currenta-Entsorgungsnetzwerk und in der Dormagener Anlage entsorgt werden können. Einzelne Betriebe könnten in ihrer Produktion beeinträchtigt werden.
Grünen-Politiker Rüße äußerte derweilen Zweifel, „ob bei Currenta überhaupt der nötige Wille vorhanden ist, das Unglück aufzuklären und mit der angemessenen Sorgfalt aufzuarbeiten“. Rüße hat das Land nun aufgefordert, im Umweltausschuss am 19. Januar zu den Vorgängen Stellung zu beziehen: „Die erneute Panne, bei der mindestens weitere 1,3 Millionen Liter belastetes Wasser in den Rhein gelangt sind, sowie der offensichtlich leichtfertige Umgang mit dem belasteten Löschwasser werfen auch auf die zuständige Bezirksregierung Köln und das Umweltministerium ein schlechtes Licht.“ Der Grünen-Politiker kritisierte, die Bezirksregierung Köln und das Umweltministerium hätten nach der Explosion „aktiv in den Prozess eingreifen und alle weiteren Schritte kontrollieren müssen“.
Wieso für den Umgang mit den zirka fünf Millionen Litern belasteter Löschwasserrückstände nicht ein mit den Behörden abgestimmter Plan eingefordert worden sei, sei vollkommen unverständlich, sagte Rüße: „Es hätten erstens unbedingt die unterschiedlichen Alternativen geprüft werden müssen. Zweitens hätte eine mögliche Einleitung des Löschwassers in den Rhein zwingend unter der Kontrolle der Bezirksregierung und des Landesamtes für Natur Umwelt und Verbraucherschutz stehen müssen. Drittens hätten die Niederlande über ein solche Vorgehen informiert werden müssen, da der Rhein dort der Trinkwassergewinnung dient.“
Eine absichtlich oder fahrlässig herbeigeführte Gewässerverunreinigung sei ein Straftatbestand. Deshalb müsse jetzt mit Nachdruck aufgeklärt werden, wie es zu den Vorfällen kommen konnte und wer dafür die Verantwortung trage. „Insofern ist es auch richtig, dass die Staatsanwaltschaft Köln mittlerweile in dem Fall ermittelt“, sagte Rüße.
SPD-Fraktionsvize André Stinka sagte, Industrieakzeptanz verlange Transparenz: „Deshalb sind sowohl Umweltministerin Heinen-Esser als auch Wirtschaftsminister Pinkwart aufgefordert, schnellstmöglich für umfassende Aufklärung zu sorgen. Es kann nicht sein, dass die Details immer nur scheibchenweise ans Licht der Öffentlichkeit kommen.“ Die aktuellen Entwicklungen würden noch ein politisches Nachspiel haben, kündigte Stinka an: „Die Landesregierung ist hier genauso in der Verantwortung wie das Unternehmen selbst. In den Ausschüssen werden sie dazu Rede und Antwort stehen müssen.“