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CDU-Chef Laschet: „Bürger nicht wie unmündige Kinder behandeln“

CDU-Chef Laschet : „Bürger nicht wie unmündige Kinder behandeln“

35 ist die neue magische Zahl. Unter diesem Grenzwert soll der Lockdown schrittweise beendet werden. Aber ist die Zahl sinnvoll? Und wird das Virus überhaupt so mitspielen, wie sich das Viele wünschen? CDU-Chef Laschet rät dazu, die Corona-Politik anders auszutarieren.

Der neue CDU-Vorsitzende Armin Laschet hat sich eindringlich gegen zu viel Bevormundung der Bürger im Kampf gegen die Corona-Pandemie ausgesprochen. „Populär ist, glaube ich, immer noch die Haltung: Alles verbieten, streng sein, die Bürger behandeln wie unmündige Kinder“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident bei einer Digital-Veranstaltung des baden-württembergischen CDU-Wirtschaftsrats.

Das trage aber nicht auf Dauer, sagte Laschet am Montagabend. Man müsse das Virus und seine Mutationen zwar ernst nehmen, aber zugleich zu einer abwägenden Position zurückkommen. So erlitten etwa Kinder, die monatelang nicht in Schule oder Kita gehen, vielleicht Schäden fürs ganze Leben.

Laschet warnte überdies vor einem zu einseitigen Fokus auf die Infektionszahlen. „Man kann nicht immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfindet“, sagte er. „Wir können unser ganzes Leben nicht nur an Inzidenzwerten abmessen.“ Man müsse all die anderen Schäden, etwa für Gesellschaft und Wirtschaft, genauso im Blick haben wie die Inzidenzzahlen.

Die Länderregierungschefs - darunter Armin Laschet - und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten zuletzt vereinbart, den Lockdown grundsätzlich bis zum 7. März zu verlängern. Sollte die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz - also Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner und Woche - stabil unter 35 sinken, sollen die Beschränkungen von den Ländern schrittweise gelockert werden - zunächst für Einzelhandel, Museen und Galerien sowie Betriebe mit körpernahen Dienstleistungen.

Der Immunologe Michael Meyer-Hermann hält es für möglich, dass ansteckendere Virusvarianten die angepeilte Inzidenz von 35 torpedieren. Sollte sich das Vorkommen der Mutante B.1.1.7 ungünstiger entwickeln als erwartet, könne es sein, dass die 35 mit dem aktuellen Lockdown nicht zu erreichen sei, sagte der Leiter der Abteilung System Immunologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig der Deutschen Presse-Agentur. „Das macht deutlich, dass jede Form von Öffnungen zum jetzigen Zeitpunkt ein hohes Risiko birgt, die gesetzten Ziele nicht erreichen zu können.“

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken warnte in der Öffnungsdebatte vor zu frühen Versprechungen. „Angesichts der noch immer unklaren Situation hinsichtlich der Verbreitung und Auswirkung von Virusmutanten müssen wir aber weiterhin auf Sicht fahren und dürfen keine Versprechen abgeben, die wir nicht halten können“, sagte Esken der Düsseldorfer „Rheinischen Post“. Zugleich merkte sie an, ein bundesweit abgestimmter und nachvollziehbarer Stufenplan müsse sich „strikt am Infektionsgeschehen orientieren“.

(dpa)