Kohle, Kita, Klimaschutz : Laschet und Stamp stecken Kurs für 2020 ab
Düsseldorf Der Ausstieg aus der Kohle ist in NRW das Megathema in diesem Jahr. Aber woher kommt künftig der Strom? Ein große Baustelle für den Ministerpräsidenten. Ein ganz anderes, nicht weniger drängendes Thema ist in der Politik ganz oben angekommen: Kindesmissbrauch.
Raus aus der Kohle, rein in die erneuerbaren Energien - aber wie? Der Kohleausstieg steht in diesem Jahr ganz oben auf der Agenda der nordrhein-westfälischen Landesregierung. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und sein Stellvertreter, Familienminister Joachim Stamp (FDP), stellten am Dienstag in Düsseldorf weitere Handlungsfelder für 2020 vor.
KINDERSCHUTZ:
NRW will über eine Bundesratsinitiative schärfere Strafen für sexualisierte Gewalt gegen Kinder durchsetzen. Sein Gesetzentwurf sehe vor, Bewährungsstrafen bei Kindesmissbrauch abzuschaffen, sagte NRW-Familienminister Joachim Stamp (FDP). Zudem solle die Mindeststrafe für schweren sexuellen Missbrauch von zwei auf drei Jahre erhöht werden. Schon die bloße Verabredung zum Missbrauch sei unter Strafe zu stellen, bekräftigte Stamp.
FÜHRUNGSZEUGNIS:
Gemeinsam mit Baden-Württemberg setze sich NRW zudem im Bundesrat dafür ein, dass Verurteilungen wegen sexueller Gewalt an Kindern nicht mehr aus dem sogenannten erweiterten Führungszeugnis gelöscht werden. Wer haupt- oder ehrenamtlich mit Kindern umgehen möchte, muss ein solches Zeugnis vorlegen. Der Vorschlag solle sicherstellen, dass „einschlägig Verurteilte nicht mehr mit Kindern arbeiten“, sagte Stamp.
REALSCHÜLER:
In NRW soll es künftig bessere berufliche Chancen bei einem mittleren Bildungsabschluss geben. Guten Realschülern mit Fachabitur soll ein Weg in den gehobenen Polizeidienst eröffnet werden. Ein am rheinland-pfälzischen Auswahlverfahren angelehntes Modell werde noch in diesem Jahr vorgestellt, kündigte Stamp an. Dies sei als Motivationsschub gedacht und als „politisches Zeichen, dass man auch mit einem mittleren Bildungsabschluss eine verantwortungsvolle Position in der Gesellschaft übernehmen kann“.
KITA:
Nach massiven finanziellen Verbesserungen für die Kitas sei nun die allergrößte Herausforderung, Erzieherinnen zu gewinnen, sagte Stamp. Dazu würden die Ausbildungskapazitäten verdreifacht und die - gleich zu Beginn vergütete - praxisorientierte Ausbildung verstärkt. Zudem sollten Teilzeitmöglichkeiten verbessert sowie Erzieher aus der Rente und Quereinsteiger zur Unterstützung gewonnen werden.
KOHLE:
Beim Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Kohleausstieg sieht Ministerpräsident Laschet Nachbesserungsbedarf bei der Steinkohle. So sei etwa die geplante Förderung zum Umstieg auf Kraftwärmekopplung für die kommunalen Steinkohlekraftwerksbetreiber in NRW wenig attraktiv.
ENERGIEWENDE:
Während genau geregelt sei, in welchem Monat welches Kohlekraftwerk abgeschaltet werde, sei noch ziemlich offen, wie der Einstieg in erneuerbare Energien gelinge, stellte Laschet fest. „Wo soll 2030 die Energie herkommen?“ Er forderte die Bundesregierung auf, die Förderung von Solarstrom nicht länger zu deckeln. In NRW müssten alle Flächen aktiviert werden, wo Solarenergie möglich wäre. Bislang seien die Potenziale hier bei weitem nicht ausgeschöpft. NRW solle zudem noch stärker zum „Land der Elektro-Mobilität“ ausgebaut werden.
TEMPOLIMIT:
Die Kampagne der Schwesterpartei CSU gegen ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen sieht Laschet gelassen: „In Nordrhein-Westfalen gibt es selten Gelegenheit, schneller als 130 zu fahren“, räumte er ein: „Ich wäre schon froh, wenn wir die Staus reduziert kriegten, um überhaupt fahren zu können.“
NATIONALITÄTENNENNUNG:
Die schwarz-gelbe Koalition hat sich noch nicht festgelegt, wie sie sich zur grundsätzlichen Nennung der Nationalität von Straftätern stellt. „Ich bin hin- und hergerissen“, sagte Stamp. „Was ist adäquat?“ Ziel sei auf jeden Fall, „Verschwörungstheorien den Boden zu entziehen“, die den Migrantenanteil bei Straftaten übertrieben hoch einordneten. Zweifelsohne gebe es aber etwa beim Taschendiebstahl „ethnisch geprägte Banden“, räumte der Integrationsminister ein. Die Koalition werde in Kürze eine einheitliche Linie vorstellen.
VOLLVERSCHLEIERUNG:
„Ich bin der festen Überzeugung, dass Burka und Nikab an Universitäten und Schulen nichts zu suchen haben“, sagte Stamp. Man müsse aber aufpassen, Einzelfälle nicht aufzubauschen. Derzeit sehe er in NRW keinen gesetzlichen Handlungsbedarf. Hamburg und Schleswig-Holstein wollen ihre Schulgesetze verschärfen, um Vollverschleierung von Lehrerinnen wie Schülerinnen im Unterricht rechtswirksam auszuschließen.
BONN/BERLIN:
Laschet möchte am Berlin/Bonn-Gesetz zur Aufteilung der Bundesministerien zwischen beiden Städten festhalten. „Wir wollen am liebsten, dass es bleibt wie es ist.“ In Zeiten digitaler Verwaltung sei es einfacher denn je, mit zwei Standorten zu arbeiten und etwa Telefonkonferenzen verstärkt zu nutzen. „Wir wollen Bonn als Standort stabilisieren.“ Meldungen, wonach NRW Kompensationen für den Wegfall von Arbeitsplätzen am Rhein verlangt habe, seien falsch. „Geldforderungen gab es zu keiner Sekunde“, versicherte Laschet. Es sei keine realistische Idee, über eine Umsiedlung Zehntausender Beamtenfamilien aus Bonn nach Berlin nachzudenken, wo es dort ohnehin kaum mehr Wohnraum gebe, und dafür auch noch Steuergelder auszugeben.