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„Einsatz Kohlestopp“ besetzt Tagebau in Garzweiler

„Einsatz Kohlestopp“ : Bagger im Tagebau Garzweiler einen Tag lang besetzt

Mehrere Protestaktionen am Tagebau Garzweiler

Aktivisten haben im Tagebau Garzweiler den Freitag über einen Braunkohlebagger besetzt. Die Aktion richtete sich gegen den Kohleabbau und das geplante Kohlegesetz der Bundesregierung.

Im Laufe der Nacht waren die Aktivisten in den Tagebau Garzweiler eingedrungen und auf insgesamt sechs Bagger geklettert.

Die Aktion richte sich nach Informationen einer Sprecherin der Tagebaubesetzer gegen das Kohleausstieggesetz, das den Kohlegegnern nicht ansatzweise weitgehend genug ist. „Wir haben heute gezeigt, dass es möglich ist, den Kohleausstieg selbst in die Hand zu nehmen“, sagte die Sprecherin. Ihren Angaben zufolge waren 80 Aktivisten in den Tagebau eingedrungen.

Die Polizei sprach hingegen von rund 60 Aktivisten, die fünf Bagger und einen Absetzer besetzt hielten. Am Freitagmittag hatte die Polizei bereits etwa ein Drittel der Aktivisten dazu bewegen, können die Bagger zu verlassen. „Bislang ist alles friedlich verlaufen“, sagte eine Sprecherin der Aachener Polizei.

Die Initiative „Ende Gelände“ äußerte sich am Morgen auf Facebook zu der Aktion:

Am Rande des Tagebaus Garzweiler haben Sprecher der Gruppen „Fridays for Future“ und „Alle Dörfer bleiben“ die Besetzung des Tagebaus begrüßt. „Die haben jetzt schon mehr geschafft als die gesamte Politik: Die Bagger stehen still“, sagte David Dresen von „Alle Dörfer bleiben“.

Die Gruppe „Fridays for Future“ hatte sich bewusst gegen einen Appell an RWE am Rande der Hauptversammlung entschlossen, sagte Sprecherin Carla Reemtsma. Vielmehr wolle man sich an die Seite der Aktivisten im Tagebau Garzweiler stellen.

Britta Kox von „Alle Dörfer bleiben“, die im bedrohten Erkelenzer Dorf Berverath wohnt, warf der Landesregierung vor, ihre Heimat an RWE verkauft zu haben. „Wir lassen uns keine Angst machen, wir lassen uns nicht aus unseren Dörfern vertreiben“, sagte Kox. Sie kündigte an, den Protest gegen den Tagebau intensivieren zu wollen. „Bisher waren die Menschen in den Dörfern noch brav. Aber wir werden noch lauter und noch mehr werden. Wir gehen weiter auf die Straße“, sagte Kox.

Der Tagebaubetreiber RWE kritisierte die Protestaktion im Tagebau Garzweiler derweil deutlich: „Die Protestaktionen sind für uns nicht nachvollziehbar. RWE steht nicht nur zu den nationalen und internationalen Klimaschutzzielen. Wir handeln: RWE hat seit 2012 ihren CO2-Ausstoß um mehr als 50 Prozent reduziert. Bis 2040 werden wir klimaneutral sein. Das ist schneller und ambitionierter als die allermeisten Unternehmen“, hieß es in einer Stellungnahme des Unternehmens.

„Es ist bedauerlich, dass diese enorme Anstrengung, die unserem Unternehmen und seinen Mitarbeitern eine Menge abverlangt, von einigen nicht anerkannt wird. Das wird uns nicht daran hindern, diesen richtigen Weg mit voller Energie weiterzugehen“, teilte RWE weiter mit und verwies darauf, dass es äußerst gefährlich sei in Tagebau einzudringen und auf die riesigen Maschinen zu steigen: „Das ist hochriskant.“

Am Abend endete die Besetzung. Es seien keine Aktivisten mehr auf den Baggern, sagte eine Polizeisprecherin am Freitagabend. Teils seien sie schließlich freiwillig herunter gekommen, andere hätten von Beamten heruntergebracht werden müssen. „Da keine der Personen ihre Identität freiwillig preisgeben wollte, wurden alle zwecks Identitätsfeststellung zum Gewahrsam gebracht“, hieß es von der Polizei. Laut den Beamten waren rund 70 Aktivisten in der Nacht auf fünf Bagger und einen sogenannten Absetzer geklettert. Der Betrieb stand deshalb still.

Zudem habe es eine Anzeige wegen Körperverletzung gegeben. Aktivisten sollen einen RWE-Mitarbeiter gestoßen haben, als dieser sie daran hindern wollte, auf einen Bagger zu klettern. „Eine dabei erlittene Verletzung musste in einem Krankenhaus behandelt werden“, teilte die Polizei mit.

Andere Demonstranten zogen mit einer Menschenkette eine symbolische rote Linie am Tagebau Garzweiler. Dass es gerade jetzt wieder Protestaktionen gegen klimaschädlichen Kohlestrom gibt, ist kein Zufall: Kommende Woche sollen Bundestag und Bundesrat Gesetze beschließen, die den Kohleausstieg bis spätestens 2038 festzurren.

Aus Sicht von Klimaschützern ist das deutlich zu spät. Sie ärgern sich außerdem, dass die Braunkohlekonzerne zusammen 4,35 Milliarden Euro Entschädigung bekommen sollen und der Abschaltplan für Kraftwerke nicht genau dem entspricht, was die Kohlekommission - in der auch Umweltverbände saßen - vor eineinhalb Jahren vorgeschlagen hatte.

Das Rheinische Braunkohlerevier ist immer wieder Schauplatz von Protest-Aktionen. Bereits in der Vergangenheit drangen mehrmals Aktivisten in das Gelände ein. Im November 2019 etwa besetzten Greenpeace-Aktivisten einen Braunkohle-Bagger. Im Juni zuvor sorgte „Ende Gelände“ mit Blockaden für einen Großeinsatz der Polizei.

(dpa/ger)