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Heiligtumsfahrt in Aachen 2023: Bedeutung, Geschichte und Termine

Heiligtumsfahrt in Aachen 2023 : Bedeutung, Geschichte und Termine der Heiligtumsfahrt

Die nächste Aachener Heiligtumsfahrt unter dem Motto „Entdecke mich!“ wird wegen der Corona-Pandemie auf das Jahr 2023 verschoben. Eigentlich werden alle sieben Jahre die Tuchreliquien aus dem Marienschrein entnommen. Alle wichtigen Informationen zur Heiligtumsfahrt gibt es hier.

Die Heiligtumsfahrt 2023

Der Überlieferung nach sind die Reliquien das Kleid Marias, die Windeln Jesu, das Enthauptungstuch Johannes des Täufers und das Lendentuch Jesu. Die antiken Stoffe gehen auf den Frankenherrscher Karl den Großen (747/748-814) zurück, der die Tuchreliquien 799 als Geschenk vom Patriarchen von Jerusalem erhalten hatte.

Im März 2019 wurde das Motto der Heiligtumsfahrt bekanntgegeben: „Entdecke mich!“ Es soll das biblische Leitwort „Für wen haltet ihr mich?“ aus dem Matthäus-Evangelium (Jesus stellt diese Frage seinen Jüngern. Kapitel 16, Vers 15) ergänzen und untermauert. Zum Wallfahrtsleiter der Aachener Heiligtumsfahrt wurde Rolf-Peter Cremer ernannt. Da es in den zehn Tagen viele Messen und ein buntes Rahmenprogramm geben soll, wurde die Heiligtumsfahrt, die ursprünglich vom 18. bis 28. Juni 2021 stattfinden sollte, wegen der Coronavirus-Pandemie auf das Jahr 2023 verschoben. Das hat das Domkapitel zusammen mit Bischof Helmut Dieser beschlossen. Der neue Termin in Aachen ist der 9. bis 19. Juni 2023. In Kornelimünster finden zwei Termine vom 10. bis 18. Juni 2023 sowie vom 12. bis zum 19. September 2023 statt.

Traditionell werden die Tücher, die die Wallfahrtswoche anzeigen, von der Domgalerie wehen. Die 1414 fertiggestellte Chorhalle, die man extra angebaut hatte, um die Pilgermassen im Dom zu bewältigen, ist 2021 wieder Ort der Verehrung.

Geschichte der Heiligtumsfahrt

Die Aachener Heiligtumsfahrt findet seit 1349 – mit wenigen Ausnahmen – alle sieben Jahre statt. Die Wallfahrt nach Aachen war im Mittelalter so bedeutend wie die Wallfahrten nach Rom, Jerusalem oder Santiago de Compostela.

Gegen Ende des 15. Jahrhunderts, als Aachen 10.000 Einwohner hatte, zählte man vor den Aachener Stadttoren an einem einzigen Tag 142.000 Pilger. Wiederholt wurden zu dieser Zeit mehr als 100.000 Pilger pro Tag gezählt.

Die Wallfahrt von 1937 ging als Heiligtumsfahrt des stummen Protestes gegen das Nazi-Regime in die Geschichte ein. Die NS-Presse warnte Gläubige vorab: „Wer am 27. Mai mit der sogenannten Prozession, die heute nichts anderes ist als eine Demonstration gegen das Dritte Reich, marschiert, stellt sich bewußt in die Reihe der Separatisten, der Kinderschänder, der Meineidigen, der Landesverräter.“ Dennoch erschienen 800.000 bis eine Million Pilger zur Heiligtumsfahrt in Aachen.

Eine unüberschaubare Menschenmenge zwischen Dom und Rathaus: Aufnahme von der Schlussmesse der Heiligtumsfahrt am 25. Juli 1937 auf dem Aachener Katschhof.
Eine unüberschaubare Menschenmenge zwischen Dom und Rathaus: Aufnahme von der Schlussmesse der Heiligtumsfahrt am 25. Juli 1937 auf dem Aachener Katschhof. Foto: Domkapitel Aachen

Bei den Predigten waren die Kirchen überfüllt, teilweise versuchte die Polizei, große Veranstaltungen durch Straßensperrungen zu verhindern, doch wurden sie von der Menschenmenge durchbrochen. Vereinzelte Gläubige wurden nach Auseinandersetzungen mit der Polizei bei einer Predigt in der St. Jakob-Kirche sogar verhaftet.

Nach chemischen Untersuchungen werden die Reliquien bis auf das 3. Jahrhundert zurückdatiert. Wichtiger als die Frage der Echtheit gilt die tiefe Symbolik für die Menschwerdung Christi und für das Erdenleben Marias und des heiligen Johannes.

Auch der ehemalige Bischof Heinrich Mussinghoff sagte bei der letzten Heiligtumsfahrt. „Die biblischen Tuchreliquien wollen Erinnerungsstücke und Wegzeichen sein. Über die historische Echtheit wird man auch in hundert Jahren noch streiten können.“ So unansehnlich und ärmlich sie auch aussähen, durch diese antiken Stoffe könnten Menschen auf Tuchfühlung mit Jesus, Maria und Johannes gehen.

Die vier Tuchreliquien

Die vier „großen Aachener Heiligtümer“ sind Tuchreliquien. Sie werden als Windel und Lendentuch Jesu verehrt, als Kleid Mariens und als Enthauptungstuch Johannes des Täufers. Der Jerusalemer Patriarch schickte 799 insgesamt sieben Tuchreliquien nach Aachen. Karl der Große stiftete sie seiner neu geweihten Pfalzkapelle, dem heute ältesten Teil des Aachener Doms. Karls Sohn Ludwig der Fromme entnahm später drei Reliquien und schenkte sie der ehemaligen Abteikirche in Aachen-Kornelimünster.

Die Windel Jesu

Die Windel Christi besteht aus einem ungefärbten, dunkelbraunen Kamel- oder Ziegenhaarwollgewebe. Sie ist Teil eines ursprünglich größeren Gewandes. Die Windel wird dreifach gefaltet und mit gelbem Seidenband umnäht aufbewahrt und gezeigt.

Das Marienkleid

Das Kleid der Muttergottes ist ein tunikaartiges Frauengewand aus feinem, weißen Leinen. Vorder- und Rückseite bestehen aus einer einzigen Leinenbahn, die an den Schultern umgefaltet wurde. Das Kleid wird als einzige der vier Reliquien während der Wallfahrtstage entfaltet gezeigt.

Von links nach rechts: die Windel Jesu, das Lendentuch Jesu und das Enthauptungstuch Johannes.
Von links nach rechts: die Windel Jesu, das Lendentuch Jesu und das Enthauptungstuch Johannes. Foto: dpa/Fredrik von Erichsen

Das Lendentuch Jesu

Das Lendentuch ist ein großes bräunliches Leinengewebe in Dreiecksform mit abgeschnittener Spitze. Aus den Nähten schließen Experten, dass es aus einer Tunika zugeschnitten wurde. Mit dem Lendentuch wird nach jeder Zeigung der Heiligtümer der Segen erteilt.

Das Enthauptungstuch Johannes des Täufers

Das Enthauptungstuch Johannes des Täufers ist ein rechteckiges, an allen vier Seiten umsäumtes weißes Tuch aus feinstem Leinendamast. Wahrscheinlich ist es ein Tafeltuch, das als Grabtuch benutzt wurde.

Neben den vier „großen“ Reliquen aus Stoff gibt es auch noch drei „kleine“. Seit dem späten Mittelalter werden während der Heiligtumsfahrt der Gürtel Mariens, der Gürtel Christi und der Geißelstrick Christi gezeigt. Sie befinden sich in Ostensorien, die im 14. Jahrhundert in Prag angefertigt wurden. Die Reliquien stammen ebenfalls aus dem Reliquenschatz Karl des Großen und wurden ebenfalls als Geschenk aus Jerusalem übergeben.

Die vergangene Heiligtumsfahrt im Jahr 2014

Im Jahr 2014 hatten insgesamt 125.000 Pilger an der Heiligtumsfahrt teilgenommen. Die Entnahme der Reliquien fand nach altem Ritus statt. Dompropst Helmut Poqué bat Bischof Heinrich Mussinghoff um Erlaubnis, den Marienschrein zu öffnen und die Heiligtümer herausnehmen zu dürfen. Nach der Entfernung der Marienfigur prüften Oberbürgermeister Marcel Philipp und der Dompropst die Unversehrtheit des Schlosses.

Geistliche halten die vier Aachener Heiligtümer.
Geistliche halten die vier Aachener Heiligtümer. Foto: dpa/Henning Kaiser

Nach dem Zerschlagen des Bügels wurde der Schrein geöffnet. Allein das in Seide verpackte Marienkleid wurde entfaltet und wird auf eine Stange gehängt in den nächsten Tagen bei den Messen gezeigt. Die anderen Stoffe bleiben gefaltet und sind mit Seidenband umgebunden.

Hunderte Menschen nahmen an der Verschließung teil, nachdem bei der letzten Messe am Vorabend der Dom für den Andrang fast zu klein war. Nach altem Brauch wurden die mit Seide umhüllten Reliquien versiegelt und in den Schrein gelegt.

Das beim Öffnen des Schreins zu Beginn der Wallfahrt zerschlagene Schloss wurde durch ein neues ersetzt. Das neue Vorhängeschloss aus Gold mit wertvollen Edelsteinen zeigt die „Himmelsscheibe von Nebra“, die bislang älteste Darstellung astronomischer Phänomene. Das Schloss wurde mit Blei ausgegossen und der Schlüssel zersägt. Das Domkapitel erhält den Kopf, die Stadt den Bart.

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Mit Bildern auf 2500 kleinen Tüchern haben Kinder bei der Heiligtumsfahrt ihre Träume von einer besseren Welt präsentiert. Mädchen und Jungen aus dem Bistum Aachen sowie und aus armen Ländern der Welt hatten die Tücher im Vorfeld bemalt. Ein Teil davon wurde zum symbolischen „Kleid des Himmels“ und zum „Kleid der Erde“ zusammengenäht. Der Rest war als Patchwork-Stoffbahn um den Aachener Dom gespannt.

Die letzte Heiligtumsfahrt stand im Zeichen des Karlsjahres zum 1200. Todestag Karls des Großen und hatte das Motto „Glaube in Bewegung“.

Wallfahrtskinder verfolgen einen Gottesdienst unter freiem Himmel.
Wallfahrtskinder verfolgen einen Gottesdienst unter freiem Himmel. Foto: dpa/Roland Weihrauch
(jas/dpa)