Protestaktion „Maria 2.0“ spaltet : Frauen streiken. Theologen haben wenig Hoffnung.
Aachen/Bonn/Münster Manche Bischöfe, wie Helmut Dieser, lehnen die Protestaktion „Maria 2.0“ ab. Andere unterstützen deren Forderungen. Die Resonanz sei dagegen „überwältigend“.
Die Resonanz auf die Protestinitiative von katholischen Frauen in dieser Woche nennt die Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes, Maria Flachsbarth, überwältigend. „Maria 2.0“ habe gezeigt, dass die Forderungen nicht nur von „ein paar verrückten Aktivistinnen an der Spitze der Frauenverbände“ getragen würden. Präzises über das Echo lässt sich weder bundes- noch bistumsweit sagen, weil es keine zentrale Organisation gibt und einzelne Aktionen meist spontan vor Ort entstehen. Auf jeden Fall ist der sogenannte Kirchenstreik gegen die Männerdominanz in der katholischen Kirche, der heute und morgen beendet wird, heftig umstritten – nicht zuletzt unter den deutschen Bischöfen.
Eine der schärfsten Ablehnungen kommt vom Bischof in Aachen. Helmut Dieser nennt „Maria 2.0“ eine Symbolhandlung, die der christlichen und marianischen Spiritualität und Synodalität zuwiderlaufe. „Diese Form des öffentlichen Protestes dient nicht der Vertrauensbildung, sondern führt zu einer Polarisierung“, sagte er nach Angaben des Evangelischen Pressedienstes in dieser Woche. Er könne das Format „geistlich und theologisch“ nicht nachvollziehen.
Mit einem müden Lachen reagiert Marie-Theres Jung, Vorsitzende des Diözesanverbands Aachen der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD), auf Diesers Aussage. „Gerade die Kleriker polarisieren. Wir brauchen dringend diesen Protest und die Aufmerksamkeit“, sagt sie am Freitag auf Nachfrage unserer Zeitung. Das Echo sei wesentlich stärker als erwartet. „Es gibt viele Anfragen in unserer Geschäftsstelle.“ Der Grundtenor laute: „Es muss weiter gehen.“
Die stellvertretende KFD-Bundesvorsitzende Agnes Wuckelt hatte zuvor vor einem massenhaften Austritt von Frauen aus der katholischen Kirche gewarnt: „Noch sind wir lautstark. Danach aber, so fürchte ich, folgt der lautlose Auszug; und ich sage voraus: in Scharen.“ Jung teilt diese Sorge: „Es ist interessant, wie viele gerade ältere Frauen bei der Aktion mitmachen. Die sind von unserer Kirche enttäuscht und sagen: ‚Wir haben es schon so lange versucht. Wenn es jetzt keine Bewegung gibt, haben wir genug.‘ Die sehen jetzt die letzte Chance.“
Einige von Diesern Amtsbrüdern sehen die Protestinitiative positiv; dazu gehören zum Beispiel die Bischöfe Franz Jung (Würzburg), Heiner Wilmer (Hildesheim) und Stefan Heße (Hamburg), der die Proteste einen „Impuls für den Dialog“ nennt. Erfurts Bischof Ulrich Neymeyr kann sich die Zulassung von Frauen zum Priesteramt vorstellen: Sie sei „theologisch denkbar“. Eine entsprechende lehramtliche Entscheidung halte er mit Blick auf die Weltkirche allerdings für „absolut unvorstellbar“. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann und sein Kollege in Osnabrück, Franz-Josef Bode, verstehen zwar Unmut und Ungeduld der Frauen, wenden sich aber gegen Streikaufrufe und Boykott von Gottesdiensten.
Besonders deutlich lehnt der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer Forderungen nach dem Priesteramt für Frauen ab: „Es führt uns keinen Millimeter weiter, wenn wir uns die Geschichte der Kirche zurechtbasteln, um uns dann am Ende etwa ein Frauenpriestertum zu genehmigen.“ Christus habe sehr bewusst mit Blick auf die innere Logik des priesterlichen Dienstes einen Kreis von Männern ausgewählt und ihnen die apostolischen Vollmachten übertragen. Die Kirche habe kein Recht, von dieser Vorgabe abzuweichen.
Der katholische Dogmatiker Michael Seewald vom Exzellenzcluster Religion und Politik der Universität Münster meint, man habe in Rom „eine ganz bestimmte Konzeption sozialer Rollen mit quasi göttlicher Autorität aufgeladen“: Hoffnungen macht Seewald den Frauen nicht: „Es wird der Kirche schwerfallen, auf diesem Holzweg umzukehren. In absehbarer Zeit wird es sicher keine Frauen als Priesterinnen geben.“
Auch der Freiburger Kirchenrechtler Georg Bier warnt vor falschen Erwartungen: Papst Franziskus habe sich der Auffassung angeschlossen, dass es sich beim Verbot der Priesterinnenweihe um eine „definitive Lehraussage der Kirche“ handele, „die sich nie mehr ändern könne“, und gesagt, „dass die Tür an dieser Stelle geschlossen ist“. Die Proteste könnten ihr Ziel nicht erreichen, „weil nach päpstlichem und lehramtlichem Verständnis das letzte Wort gesprochen ist“.