Deutsche Bischofskonferenz : Bischof Dieser fordert mehr Prävention beim Thema Missbrauch
Dresden Zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch haben die katholische Kirche in eine schwere Krise gestürzt. Nun soll auch ein Expertenrat helfen. Auch Aachens Bischof Dieser stellt klare Forderungen.
Die Deutsche Bischofskonferenz mahnt mehr Mitwirkung des Staates bei der Aufarbeitung von sexueller Gewalt in der Kirche an. „Es geht hier ja nicht nur um eine Problematik, die uns als Kirche betrifft, sondern auch die gesamte Gesellschaft“, sagte der Freiburger Erzbischof Stephan Burger am Mittwoch in Dresden am Rande der Frühjahrs-Vollversammlung der katholischen Bischöfe. Die Politik sollte wahr machen, was sie selbst immer einfordere. Bislang seien da aber keine konkreten Vorschläge zu hören. Es heiße immer wieder, „die Kirche kann es nicht, packt es nicht oder tut zu wenig“. Die Bischöfe seien offen für die Mitarbeit des Staates.
Man brauche die Expertise der Politik und wolle deren Mitgestaltung – etwa bei der Besetzung des Expertenrates, betonte Burger, Vize- Vorsitzender der Bischöflichen Fachgruppe für Fragen des sexuellen Missbrauchs und von Gewalterfahrungen. Einzelheiten zum Expertenrat hatte die Konferenz zuvor beschlossen. Er soll bis zu zehn Mitglieder haben und durch eine Auswahlkommission bestimmt werden, der kein kirchlicher Vertreter angehört. Im Verbund mit dem bereits existierenden Betroffenenbeirat und einer bischöflichen Fachgruppe soll er die Aufarbeitung forcieren und die Prävention unterstützen.
Nach den Worten von Bischof Helmut Dieser (Aachen), Vorsitzender der Bischöflichen Fachgruppe zu diesem Thema, soll der Expertenrat nicht zuletzt eine Antwort auf den berechtigten Vorwurf sein, dass die Kirche sich nicht selber aufklären könne. „Der Expertenrat soll eigenständig seine Arbeit wahrnehmen und uns unter einen ständigen Beobachtungsdruck und einen beständigen Rechtfertigungsdruck bringen.“ Das eigene Handeln müsse vor den Augen der Experten Bestand haben: „Was wir nicht tun, wird dort auffallen und sie werden uns sagen, was wir versäumen.“ So könne man im Sinne der Betroffenen weiterkommen und mehr Gerechtigkeit, mehr Prävention und eine bessere Intervention erreichen.
Nach den Vorstellungen der Bischofskonferenz wird der Expertenrat externe Expertise aus den Bereichen Recht, Medizin, Psychologie, Soziologie und Kriminalistik vereinen. Er soll ab 1. Januar 2024 tätig sein und regelmäßig Berichte vorlegen. Mit ihm ist zudem eine Art TÜV geplant, wie weit die jeweilige Diözese bei der Umsetzung der Regelwerke ist. „Beide Dinge werden öffentlich sein“, sagte Dieser zu. Die Öffentlichkeit solle hinter die Kulisse schauen. Damit begegne man auch dem Vorwurf, nur so viel preiszugeben, wie man wolle. Der Rat könnte etwa auch darüber berichten, wenn eine Diözese „mauert“.
„Wesentliches Motiv für unsere Arbeit ist unsere bleibende Verantwortung als Bischöfe, verlässlich und dauerhaft den Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen vor sexuellem Missbrauch und Gewalt durch effektive Strukturen, Maßnahmen und Prozesse in der katholischen Kirche auszubauen und zu kontrollieren“, sagte Burger. In den vergangenen Jahren sei schon viel geschehen. „Und doch spüren wir: Die Gefahr von Missbrauch ist eine Realität in unserer Kirche und unserer Gesellschaft, der wir wirkungsvoll entgegentreten müssen. Der Kampf gegen Missbrauch und Gewalt gehört daher auch in die Mitte von Kirche und Gesellschaft.“