Schließung der Niederlassung : Aachener Beschäftigte von Regierungspräsidentin falsch informiert?
Exklusiv Aachen Die Regierungspräsidentin hat sich mit der Ankündigung, die Bezirksregierungs-Niederlassungen in Aachen und Bonn schließen zu wollen, wenig Freunde gemacht. Leitende Angestellte und Beschäftigte bitten sie, den Plan nicht umzusetzen. Und der NRW-Innenminister widerspricht ihr.
Regierungspräsidentin Gisela Walsken hat viel Protest mit der Verkündung des Beschlusses ausgelöst, die Niederlassungen in Aachen und Bonn zu schließen. In Aachen sind rund 190 Beschäftige betroffen, in Bonn etwa 260. Unserer Zeitung liegen Unterlagen vor, nach denen sich Hauptdezernentinnen und -dezernenten in der Bezirksregierung „betroffen und erstaunt“ zeigen und „keine inhaltlich tragfähigen Gründe“ für diesen Plan erkennen können. Und eine Mail von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) legt die Vermutung nahe, dass Walsken gegenüber den Beschäftigten der Bezirksregierung nicht ganz die Wahrheit gesagt hat.
In ihrer Mail vom 8. Dezember, adressiert an „Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen“, vermittelt die Regierungspräsidentin wiederholt den Eindruck, dass sie auf Anweisung des NRW-Innenministeriums handelt. Zu Beginn schreibt sie, dass sich „das Innenministerium (...) für ein ‚Zusammenziehen’ der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirksregierung am zentralen Standort Köln entschieden“ habe. Die Liegenschaften in Aachen und Bonn, Gebäude im Besitz des Landes, würden zum 31. Dezember 2023 aufgegeben.
Ein neues Gebäude in Köln mit gutem Bus- und Bahnanschluss, „ausreichend Parkraum“ und einer „ansprechenden Kantine“ sei bereits in der Scheidtweilerstraße im Stadtteil Braunsfeld gefunden. Es gehöre der Ergo-Versicherung. De facto bleibt es damit bei zwei Standorten der Bezirksregierung. Einem in der Zeughausstraße in der Kölner City und dem neuen in der Peripherie.
Walsken bemüht in ihrer Mail an die Beschäftigten nach der Aufzählung möglicher Vorzüge – Jobticket, eventuelle Ausdehnung des Homeoffice-Anteils über 50 Prozent hinaus und Veränderungen bei Dienstreisen, die bislang nicht von zu Hause aus mit Dienstwagen angetreten werden können – erneut das Innenministerium: Dessen „Grundsatzentscheidung“ löse möglicherweise „bei Ihnen Fragen aus“. Abschließend bietet sie deswegen Gespräche mit der Personalabteilung an.
Der Innenminister will von einer solchen Grundsatzentscheidung nichts wissen. Vom Hauptpersonalrat darauf angesprochen, antwortet Reul am 9. Dezember in einer Mail kurz und knapp: „Im Gegensatz zu Ihrer Darstellung war ich über den Vorgang in der Bezirksregierung Köln nicht informiert. Es trifft auch nicht zu, dass das IM (Innenministerium, d. Red.) entschieden hat, die Standorte Aachen und Bonn aufzugeben.“
Die Leiter der fünf hauptsächlich in Aachen betroffenen Dezernate argumentieren gegenüber Walsken vor allem mit der Kundennähe bei den vielen Außeneinsätzen vor Ort. Ihre Beschäftigten seien in Umwelt und Arbeitsschutzangelegenheiten unterwegs – und nicht nur „Verwaltungsdienstleister“. „Wir kümmern uns um sicheren und umweltverträglichen Anlagenbetrieb und menschengerechte Arbeitsbedingungen“, schreiben die Hauptdezernenten an ihre oberste Vorgesetzte. Bei einem Umzug nach Köln ginge die Präsenz in der Fläche verloren und damit die schnelle Reaktionszeit auf mögliche Vorfälle. Sie sehen einen Widerspruch zu den ministeriellen Vorgaben, die eine Intensivierung der Überwachung vorsehen.
Zudem komme es für ihre Mitarbeiter aus dem Kreis Heinsberg, der Städteregion Aachen sowie der Eifel, Belgien und den Niederlanden durch einen Umzug des Dienstortes nach Köln zu „unzumutbar langen Wegezeiten“. Noch gravierender aber sei der Attraktivitätsverlust der Bezirksregierung als Arbeitgeberin. Qualifizierte Beschäftigte würden sich „sehr schnell“ nach Alternativen in der Region umsehen „und bei der Stadt Aachen, der Städteregion und dem Wasserverband Eifel-Rur fündig werden“. Und für Absolventen der Hochschulen in Aachen und Jülich falle mit dem Standort Aachen beim Berufseinstieg ein Standortvorteil weg, „auf den wir nicht verzichten können“. „Wir werden künftig noch größere Probleme haben, qualifizierte Ingenieur:innen zu finden“, schreiben die Hauptdezernenten.
Ihre Argumente für den Standort Aachen lauten: „kürzere Dienstreisezeiten, geringere Kosten, höhere ‚Schlagzahl’“. Sie bitten Walsken „nachdrücklich, den neuen Mietvertrag für Köln-Braunsfeld nicht zu unterschreiben“. Die betroffenen Beschäftigten sammelten Unterschriften gegen die Schließung der Standorte und überreichten sie Walsken noch vor Weihnachten persönlich.
Geändert hat das am Ansinnen der Regierungspräsidentin bislang offenbar wenig. Nach Informationen unserer Zeitung ist der Mietvertrag auf Drängen der Ergo-Gruppe noch vor dem Jahreswechsel unterzeichnet worden; allerdings mit einem vertraglich vereinbarten Rücktritts- beziehungsweise Sonderkündigungsrecht. Denn noch ist das Beteiligungsverfahren der Personalvertretung nicht abgeschlossen. Sie hat allerdings nur ein Mitwirkungs-, kein Mitbestimmungsrecht in dieser Frage.
Sollte der Personalrat sich gegen Walskens Pläne aussprechen und keine Einigung mit der Bezirksregierung gefunden werden, würde das Verfahren ins Innenministerium und zum Hauptpersonalrat wandern. In den nächsten zwei Wochen will der Kölner Personalrat seine Stellungnahme abgeben.