Lüttich : Belgische Pannen-Reaktoren: Druck auf Behörden steigt
Lüttich Im Streit um das Atomkraftwerk Tihange bei Lüttich steigt der Druck auf die belgischen Behörden. Vertreter der deutsch-belgisch-niederländischen Grenzregion forderten mehr Klarheit über Risiken. „Wir brauchen Sicherheit in Fragen der Sicherheit”, sagte der Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Oliver Paasch, nach einem Treffen mit Innenminister Jan Jambon in Brüssel.
Internationale Experten müssten den Reaktor Tihange 2 überprüfen, forderte Paasch. „Solange Zweifel an der Sicherheit bestehen, darf ein solcher Reaktor nicht ans Netz.” Tihange 2 war wegen Haarrissen am Reaktorbehälter lange abgeschaltet gewesen. Er wurde Mitte Dezember wieder hochgefahren. Das Kraftwerk ist nur 70 Kilometer von Aachen entfernt.
An dem Gespräch nahmen mehrere Vertreter der Europaregion Euregio Maas-Rhein (EMR) teil, zu der auch die Städteregion Aachen gehört. Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist einer der Gliedstaaten Belgiens. Sie umfasst neun Gemeinden.
Wegen eines Zwischenfalls wurde am Dienstag der älteste Reaktor des Kraftwerks, Tihange 1, vom Netz genommen. An einer Pumpe habe es Auffälligkeiten gegeben, berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Tihange 1 sei deshalb für Kontrollen abgeschaltet worden. In drei Wochen könne der Reaktor wieder hochgefahren werden. Im Dezember war die Anlage nach einem Feuer kurzzeitig vom Netz.
In der Grenzregion gebe es nach wie vor große Ängste und Sorgen bei der Bevölkerung, sagte Paasch. „Das muss ernst genommen werden.” Seine Gemeinschaft setze auf den Dialog mit der belgischen Regierung. An der Klage der Städteregion Aachen werde man sich deshalb nicht beteiligen. „Das sind sich ergänzende Möglichkeiten.” Die deutsche Städteregion hat gegen die Wiederinbetriebnahme von Tihange 2 vor dem höchsten belgischen Verwaltungsgericht Klage eingereicht.
Vertreter der Grenzregion fordern vor allem Transparenz. „Über Risiken wird nicht gesprochen”, kritisierte Wolfgang Renneberg. Der Experte von der Universität Wien berät die Städteregion Aachen. Bestehende Risiken müssten klar benannt und erklärt werden. „Nur dann wird das Misstrauen in der Bevölkerung schwinden”, sagte der Experte.