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Rocherath: Pastor verbreitet Querdenker-Thesen in Predigt

Ehemaliger Militärpfarrer in Nörvenich : Corona-skeptischer Pastor fiel schon früher auf

Der deutsche Pastor, der am Sonntag mit Verschwörungstheorien in einer Predigt im belgischen Rocherath einen Eklat ausgelöst hat, war nicht zum ersten Mal aufgefallen. Das Bistum Lüttich hatte bereits die Notbremse gezogen.

Im Gottesdienst zum Christkönigstag am Sonntag, mit dem die Katholiken das Ende des Kirchenjahres feiern, war es zu einem Eklat gekommen. Wie etwa die ostbelgische Tageszeitung Grenzecho berichtet, hatte Pastor Andreas Temme in der vollbesetzten Kirche St. Johannes der Täufer in Rocherath bei Büllingen die Coronavirus-Pandemie als geplantes Ereignis bezeichnet. Verantwortlich dafür sei der amerikanische Milliardär Bill Gates, der vom Teufel besessen sei. Auch habe der Geistliche das Tragen von Mund-Nasen-Masken und die Impfungen kritisiert.

An der Messe nahmen auch auch zahlreiche Jugendliche teil. Mehrere Gottesdienstbesucher verließen noch während der Ansprache aus Protest die Veranstaltung. Nach Unmutsbekundungen der Anwesenden unterbrach schließlich eine Besucherin den Pastor unter dem Applaus anderer Anwesender. Der Vorfall zog Kreise, etliche Medien berichteten. Und es wurde bekannt, dass der Geistliche nicht zum ersten Mal mit derartigen Thesen aufgefallen war.

„Es ist gut, wenn sich Christen nicht alles sagen lassen“

Temme war vor rund einem Jahr vom niederländischen Bistum Roermond als Hilfspfarrer auf Probe ans belgische Bistum Lüttich vermittelt worden, das ihn zum Pfarrverband Büllingen in den äußersten Nordosten des Landes sandte. Seit dem Frühjahr war er im 500-Einwohner-Dorf Rocherath in der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens tätig, rund 15 Kilometer südlich von Monschau.

Dort fiel der Geistliche wiederholt mit unangebrachten Äußerungen auf. Es habe „schwierige Situationen“ auf sozialer Ebene gegeben, bestätigte der Bischofsvikar für Ostbelgien, Emil Piront, unserer Zeitung. „Als Pfarrer muss man auch ein Teamplayer sein.“ Nachdem Gespräche nicht fruchteten, teilten die Belgier dem Bistum Roermond Anfang November mit, dass die Tätigkeit des Pastors nicht über die einjährige Probezeit hinaus verlängert werde. Der Gottesdienst am Sonntag sollte sein letzter sein. „Das war schon vorher beschlossen“, betonte Piront und widersprach damit belgischen Medienberichten, der Pastor habe seine Stelle in Rocherath erst als Folge seiner Predigt räumen müssen.

Für die Reaktion der Gemeindemitglieder zeigte Piront Verständnis. „Es ist gut, wenn sich Christen nicht alles sagen lassen.“ Aufgabe von Seelsorgern habe es zu sein, in Zeiten von Spannungen in der Gesellschaft Brücken zwischen Menschen zu bauen, und nicht etwa, zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. Was die Impfung gegen das Coronavirus angehe, habe Temme seine rein privaten Ansichten verbreitet. Die Kirche unterstütze die Impfungen ausdrücklich „zum Schutz der Schwächeren“. Piront wünschte dem Pfarrer, „dass er Ruhe findet und sich besinnt“.

Der aus Düsseldorf stammende Temme war 2008 in Hessen Militärpfarrer geworden. Er betreute auch Soldaten und ihre Familien im Auslandseinsatz, unter anderem in Afghanistan. Ab 2010 war er auf dem Fliegerhorst Nörvenich im Kreis Düren stationiert. Auf Anfrage unserer Zeitung erklärte das Katholische Militärbischofsamt am Dienstag, der Pfarrer sei im Lauf seiner regulär auf zehn Jahre befristeten Tätigkeit als Militärgeistlicher nicht durch Verschwörungstheorien oder anderweitig aufgefallen.