„Kultur bei uns allen eingebrannt“ : Belgische „Friteries“ als Unesco-Weltkulturerbe?
Update Brüssel Goldbraun, außen knusprig, innen weich: So stellt man sich die perfekten Pommes vor. Die besten kommen aus Belgien und so sollen die Frittenbuden nun Immaterielles Unesco-Weltkulturerbe werden. Das belgische Bier hat es bereits auf die Liste geschafft.
Wer die Internetseite der „Nationalen Vereinigung der Friturenbetreiber“ besucht, kann nachlesen, dass die „Gemeinschaft der Frittenfreunde“ Großes vorhat: Denn die belgischen Frittenbuden wollen Weltkulturerbe werden. Einen entsprechenden Antrag hat der nationale Dachverband zusammen mit anderen Vereinigungen bei der Landesregierung Flanderns eingereicht. Diese könnte den Vorschlag anschließend als Belgiens Kandidaten bei der Unesco einreichen, wie belgische Medien berichteten. Die Bier-Kultur des kleinen Königreichs trägt den Titel des Immateriellen Weltkulturerbes der Menschheit bereits.
„Frittenbuden wertschätzen“
„Diese Kultur ist bei uns allen eingebrannt. Dabei handelt es sich um etwas ganz normales, um eine feste Wertschätzung in unserem Leben“, sagte der Navifrit-Vorsitzende Bernard Lefèvre dem flämischen Rundfunk VRT zufolge am Mittwoch über die Frittenbuden. „Vielleicht müssen wir uns gerade deswegen gemeinsam um die Pflege dieses Kulturguts kümmern.“ Dies sei die beste Art und Weise, die Frittenbuden wertzuschätzen. Viele Leute hielten es für normal, dass es Frittenbuden im Straßenbild gebe und immer geben werde. „Doch wir beobachten weltweit, dass die kleinen Handwerker immer mehr verschwinden.“
Die belgischen Regionen haben die Frittenbuden-Kultur bereits als Kulturerbe anerkannt. Belgien darf alle zwei Jahre einen neuen Kandidaten für die Liste des Immateriellen Kulturgutes der Unesco einreichen; die Länder und Regionen wechseln sich ab. Im kommenden Jahr ist Flandern an der Reihe. Mitte Mai will Landeskulturminister Jan Jambon seine Entscheidung auf Grundlage eines Gutachtens bekanntgeben.
Während der Coronavirus-Krise mussten auch die Frittenbuden schließen und so kam im Herbst der Aufruf: „Esst mehr Pommes“. Die Lager liefen voll und so stand der weltweit größte Fritten-Exporteur bis zum Kopf in Kartoffeln.
Ein Frittenorden
Wird die Fritte zum Kulturerbe, dürfte auch der vielerorts noch unbekannte „Nationale Orden des ‚Gulden Puntzak’“ jedem Liebhaber belgischer Fritten ein Begriff werden. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Verbandes Navefri wurde dieser Orden im Jahr 2004 gegründet. „Gulden Puntzak“ könnte auf Deutsch als „Goldene Papierspitztüte” übersetzt werden. Es bezeichnet die urtypische, spitz zulaufende Papiertüte, in der man an vielen Buden seine Fritten erhält.
Der Orden des „Gulden Puntzak“ will all diejenigen ehren, die ihr Wissen, ihr Talent, ihr Engagement und ihren Idealismus in den Dienst der belgischen Frittenkultur gestellt haben beziehungsweise immer noch stellen.
Jedes Jahr findet am nationalen Tag der Fritürenbetreiber eine Zeremonie statt, bei der die entsprechenden Medaillen in vier Stufen vergeben werden: Silbernes Kreuz, Ritter, Offizier, Großoffizier. Der Orden zählt derzeit 132 Personen und Institutionen. Neben zahlreichen verdienstvollen Fritürenbetreibern sind unter anderem auch – Achtung! – das Atomium, Manneken Pis und der Reiseführerverband von Brügge in den Orden aufgenommen worden.
Übrigens: Belgien zählt etwa 5000 Frittenbuden, im deutschsprachigen Belgien auch Frittüren genannt. Das bedeutet, dass fast in jedem Stadtviertel oder Dorf eine Fritüre anzutreffen ist.