„Alle Dörfer bleiben“ : Aktivisten blockieren Straßenbaustelle am Tagebau Garzweiler
Erkelenz Zu der Sitzblockade an der zukünftigen Grubenrandstraße L354n zwischen Wanlo und Kuckum hatten die Aktionsgruppe „Kohle erSetzen!“ und das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ aufgerufen. Ziel war es, die Bauarbeiten an der Straße zu stören und so darauf aufmerksam zu machen, dass RWE Power durch den ihrer Meinung nach frühen Bau der Straße „Fakten schaffen“ will.
„Die von RWE geplante Straße würde nur nötig, wenn weitere Dörfer für den Braunkohletagebau zerstört und abgebaggert werden“, betonte Mira Jäger vom Presseteam der Aktionsgruppe. „RWE offenbart mit diesem Straßenbau seine Ignoranz gegenüber dem kommenden Kohleausstieg.“ RWE gräbt derzeit eine Schneise durch Felder und Wald in der vollen Breite der zukünftigen Straße. Nach Abschluss dieser Arbeiten soll die Schneise auf mögliche alte Kampfmittel und archäologische Funde untersucht werden, im Anschluss soll dann direkt der Straßenbau beginnen.
Durch den frühzeitigen Bau der Straße wolle das Unternehmen die Bewohner der Dörfer unter Druck setzen. Wenn der Tagebau wie geplant fortgesetzt würde, bestünde der Bedarf nach der Grubenrandstraße erst im Jahr 2027 mit der vollständigen Umsiedlung Kuckums, argumentieren die Tagebaugegner. Diesem Versuch des Unternehmens wollten die Klimaaktivisten und Anwohner etwas entgegensetzen und organisierten innerhalb einer Woche nach Baubeginn die Sitzblockade.
Rund 50 Aktivisten beider Gruppen trafen sich morgens gegen halb acht auf einem Gehöft in Berverath, um sich nach einer kurzen Lagebesprechung zu Fuß auf den Weg zur Baustelle zu machen. Zuvor war gemeldet worden, dass zwei Bagger an der Baustelle abgeladen worden seien. Die wollten die Tagebaugegner gemäß „Plan A“ einkreisen und durch eine Sitzblockade an ihrer Arbeit hindern. Die Konfrontation blieb jedoch aus, denn die Bagger waren ebenso schnell wieder verschwunden, wie sie morgens aufgetaucht waren. Dies wertete Mitorganisatorin Jojo Müller als Erfolg, denn zumindest für diesen Tag wären die Bauarbeiten somit verhindert, erklärte sie.
Bereits im Vorfeld hatten sich die Aktivisten mit Schaufeln und Schubkarren für „Plan B“ gerüstet, falls es keine Bagger zu behindern gäbe. So machten sie sich über die frisch ausgehobene Trasse her und errichteten einen querenden Wall. Dieser wurde zusätzlich mit kleinen Bäumen bepflanzt. „Die Aktion ist eine direkte Antwort auf die Bemühungen von RWE Power, hier Fakten zu schaffen“, betonte der grüne Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer. Er kritisierte den Versuch des Unternehmens, durch die frühe Baumaßnahme Druck auf die Bewohner der Umsiedlungsorte auszuüben.
Von den Kuckumern blieb das Treiben der Tagebaugegner in der frisch ausgehobenen Trasse weitestgehend unbemerkt. „Die Leute hier haben einfach noch keine Erfahrung mit Sitzblockaden“, vermutete Christine Wederwille aus Kaulhausen, die gekommen war, um die Aktion mit einer Mahnwache zu unterstützen. Die Grubenrandstraße wird gerade in den zukünftigen Randgemeinden Kaulhausen und Venrath diskutiert. Das Dorfforum der beiden Orte hat in einem Positionspapier zu dem Thema zum Ausdruck gebracht, dass zuerst die Konsequenzen aus dem Abschlussbericht der sogenannten Kohlekommission abgewartet werden sollten, bevor mit der Umgehungsstraße „unumkehrbare Tatsachen“ geschaffen würden.
Der Kuckumer David Dresen vom Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ betonte, dass die Basis des Widerstandes gegen den Tagebau breit aufgestellt sei. „Mit dieser Aktion wollen wir auf das Thema aufmerksam machen und dazu beitragen, dass der Ausstieg aus der Braunkohleförderung beschleunigt wird“, erklärte er. Bis zum Mittag blieb es ruhig an der Baustelle. Die herbeigerufene Polizei schritt nicht ein und beobachtete das Geschehen.