1. Meinung

Kommentar zum Solidaritätszuschlag : Ein weises Urteil

Kommentar zum Solidaritätszuschlag : Ein weises Urteil

In Union und FDP waren sich viele sicher, dass der Bundesfinanzhof den Solidaritätszuschlag kippt. Die Richter entschieden anders. Und das ist auch gut so.

Vorsichtiges Aufatmen bei Grünen und SPD, stilles Jammern bei der FDP. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass der Solidaritätszuschlag für sehr gut Verdienende verfassungskonform ist. Die für viele überraschend deutliche juristische Klarstellung dürfte der Ampel vorerst den offenen Ausbruch eines weiteren politischen Konflikts ersparen.

Der Richterspruch ist nicht nur für das klagende Ehepaar aus Bayern eine Niederlage, sondern auch für die FDP und ihr nahestehende Lobbyorganisationen. Deren laute Hoffnung, dem Ziel einer Steuersenkung für Reiche durch ein Urteil des höchsten deutschen Finanzgerichts näherzukommen, ist geplatzt. Und das ist auch gut so!

Wäre das Urteil nämlich anders ausgefallen, stünde die Ampel jetzt vor einem weiteren Problem. Ein Minus von rund elf Milliarden Euro – die Jahreseinnahmen durch den Soli – hätte ein neues Loch in den eh schon stark strapazierten Bundeshaushalt gerissen.

Geld, das für die ökologische Transformation der Gesellschaft, für ihre Digitalisierung aber auch für wichtige soziale Projekte wie die Kindergrundsicherung fehlen würde. Denn konkrete Vorschläge, um Steuerausfälle zu kompensieren, gibt es von den Liberalen nicht. Eine weitere Kreditaufnahme des Bundes ist für die FDP tabu, Steuererhöhungen für Reiche ebenso.

Es liefe also unweigerlich auf Kürzungen an anderen Stellen des Etats hinaus, wahrscheinlich zu Lasten der Umwelt oder von weniger gut Verdienenden.

Losgelöst von der juristischen Bewertung wäre es politisch und kommunikativ natürlich sauberer, würde die Ergänzungsabgabe nicht länger nur mit den Folgekosten der deutschen Einheit begründet.

Sich ehrlicher zu machen, hieße zu sagen: Der Bund hat angesichts von Krieg und Krisen heute einen noch höheren Finanzbedarf als vor 30 Jahren. Wir legen deshalb einen neuen Transformations- und Energiesoli auf, der vornehmlich das obere Drittel der Einkommensskala belastet. Und wir erhöhen den Spitzensteuersatz für Höchstverdiener, heben ihn zumindest auf ein Niveau, das zu den Kanzlerzeiten von Helmut Kohl galt. Doch wie gesagt: Da spielen die Liberalen nicht mit.

Stattdessen wollen sie den Soli nun offenbar vor dem Bundesverfassungsgericht kippen und damit Steuersenkungen für ihre reiche Klientel durchsetzen. Der grundsätzliche Konflikt in der Ampel schwelt somit auch in den kommenden Monaten weiter.