Kommentar zur Außenpolitik : Die Lethargie muss enden
Meinung Berlin Unser Autor ist überzeugt davon, dass die Ampel-Regierung außenpolitisch nachhaltigere Akzente setzen muss; vor allem in Zeiten von Corona, Erderwärmung, Ukraine-Konflikt, EU-Krise und anderer internationaler Herausforderungen.
Während der Bildung der neuen Ampel-Regierung fiel ein Name so gut wie gar nicht mehr – der von Heiko Maas, dem Bundesaußenminister der großen Koalition. Weder wurde der Saarländer erneut für das Auswärtige gehandelt noch für ein anderes Amt, auch gab es kaum vernehmbare Lobesworte über den Sozialdemokraten. Ein Außenminister, der nach Auffassung vieler Beobachter nur wenige nachhaltige Akzente gesetzt hat. Wenn überhaupt.
Das allein macht schon deutlich, was im neuen Jahr auf die Ampel-Regierung und die neue Amtsinhaberin Annalena Baerbock von den Grünen zukommt: Es darf nicht dort angeknüpft werden, wo die große Koalition auf internationalem Parkett aufgehört hat. Außenpolitische Lethargie kann in Zeiten von Corona, Erderwärmung, Ukraine-Konflikt, EU-Krise und anderer internationaler Herausforderungen wie etwa mit China oder um die Pipeline Nord Stream 2 keine Option sein.
Nicht für eine der wichtigsten Industrienationen. Die Ampel muss stattdessen Deutschlands Rolle in der Welt und in Europa wieder so definieren, dass Visiten eines deutschen Außenministers nicht mehr nur eine Fußnote sind, sondern Folgen und Wirkungen haben. Selbst dann, wenn Außenpolitik an vielen Stellen im Kanzleramt gemacht wird. Das war bei Angela Merkel so, das ist bei Olaf Scholz bereits nicht anders.
Eine aktivere und wahrnehmbarere deutsche Außenpolitik wird auch von anderen erwartet werden, denn Deutschland übernimmt zum 1. Januar den G7-Vorsitz, ist damit zugleich Gastgeber des jährlichen Gipfels der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Demokratien. Das Treffen findet erneut im bayerischen Elmau statt, wie schon 2015. Zumindest dieser Teil der Geschichte wiederholt sich. Der andere Teil kann getrost wegfallen – gemeint sind die immer gleichen Absichtserklärungen zu den immer noch ungelösten globalen Problemen beim Klima, der Armut oder der Ungerechtigkeit.
Die Ampel-Regierung hat jetzt die Chance, es besser zu machen und damit auch die G7 insgesamt überzeugender werden zu lassen, wenn alle schönen Grundsätze, die während des Vorsitzes erdacht werden, dann auch mit deutlich mehr Konsequenz vorangebracht würden. Gewiss keine leichte Aufgabe, aber angesichts der globalen Problemlage dringend notwendig.
Kann die Ampel das stemmen? Hilfreich könnte sein, dass der Koalitionsvertrag im außenpolitischen Teil überraschend konkret ist. Gerade heikle Themen werden nicht allzu diplomatisch umschifft, Stichwort Russland, Stichwort China. Auch wenn hinter den Kulissen der drei Parteien die alten Gräben offenkundig noch bestehen zwischen vermeintlichen Moralisten und Realisten, was durch anfänglich widersprüchliche Aussagen und Signale noch verstärkt worden ist, so ist die Grundlage für einen außenpolitischen Neustart klar gegeben. Mehr noch: Der G7-Vorsitz erhöht dafür den Druck auf Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock. Dieses Mandat kommt zu richtigen Zeit.