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Kommentar zu Ungarns Medienpolitik : Die Demontage geht weiter

Kommentar zu Ungarns Medienpolitik : Die Demontage geht weiter

Es waren Polen und Ungarn, die sich querlegten. Wochenlang lag die Verabschiedung des so dringend benötigten Aufbaufonds und des EU-Haushaltsrahmens auf Eis, weil sich die beiden Premiers aus Warschau und Budapest gegen neue Regelungen zur Rechtsstaatlichkeit wehrten.

Dann zogen sie ihren Widerspruch zwar zurück, aber wohl nur deshalb, weil der neue Rechtsstaatsmechanismus zu einem zahnlosen Tiger umgebaut worden war.

Nun machen Mateusz Morawiecki und Viktor Orbán munter mit ihrer Demontage der demokratischen Freiheiten weiter. Das Aus für einen regierungskritischen Rundfunksender in Ungarn und die Reklamesteuer in Polen haben das gleiche Ziel: Bisher unabhängige Medienhäuser sollen getroffen und ihnen die Grundlage für regierungskritischen Journalismus entzogen werden.

Wer die jetzige Medienlandschaft in beiden Ländern mit der vor zehn Jahren vergleicht, muss erschrecken. Selbst große Zeitungen wurden an regierungsnahe Investoren verkauft, einige kurz darauf eingestellt. Das dürfen Brüssel und die übrigen Mitgliedstaaten nicht unwidersprochen hinnehmen.

Die Versuche einiger EU-Regierungen, sich mit allen erdenklichen Tricks kritischer Medien zu entledigen, sind keine Kleinigkeit und keineswegs eine innere Angelegenheit. Die EU steht bei ihren Bürgern im Wort. Während des Europawahlkampfes haben Vertreter aller großen Parteien versprochen, sich für den Schutz der Demokratie einzusetzen.

Das war immer gewagt. Denn Brüssel versucht schon seit zehn Jahren, sich gegen die Politik der ungarischen Regierung zur Wehr zu setzen. Dass man Ungarn und Polen zugestanden hat, die Regelungen des Rechtsstaatsmechanismus so lange nicht anzuwenden, bis der EuGH darüber geurteilt hat, bleibt ein schwerer Fehler. Denn jetzt zeigen Warschau und Budapest, worum es ihnen ging: eine Schonfrist, um ihre Politik ohne die Störfeuer der EU-Kommission  fortzusetzen.