Kommentar zum neuen NRW-Ministerpräsidenten : Der Hoffnungsträger
Meinung Düsseldorf Hendrik Wüst ist zum neuen NRW-Ministerpräsidenten gewählt worden. Er muss schnell Akzente setzen, denn schon im Mai wird ein neuer Landtag gewählt. Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht, trotz schlechter Umfragewerte für die CDU, findet unser Autor Rolf Eckers.
Starker Start für Hendrik Wüst, dem neuen NRW-Ministerpräsidenten: 103 Stimmen werden bei der Wahl im Landtag für den CDU-Mann abgegeben, obwohl die schwarz-gelbe Regierung nur über 100 Stimmen verfügt. Wüst-Anhänger gibt es also auch in der Opposition.
Viel Zeit hat der Münsterländer allerdings nicht, Akzente zu setzen und die Menschen im Land von sich zu überzeugen. Denn schon im Mai nächsten Jahres wird ein neuer Landtag gewählt. Derzeit kommt die CDU in den Umfragen nur auf rund 20 Prozent. Sollte es mit der Ampel-Koalition in Berlin funktionieren, könnte das auch ein Modell für Düsseldorf sein. Vielleicht reicht es in NRW sogar für eine rot-grüne Mehrheit. In diesen Fällen müsste Wüst seinen Platz in der Staatskanzlei für Thomas Kutschaty von der SPD räumen.
Allzu siegessicher sollten sich die Sozialdemokraten aber nicht sein. Wüst hat bewiesen, dass er Rückschläge einstecken und schwierige Phasen überwinden kann. Zum Beispiel 2010: Kurz vor der Landtagswahl hatte die CDU möglichen Parteispendern Auftritte ihres Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers angeboten – gegen Bezahlung. „Rent-a-Rüttgers“ wurde für die CDU zum Desaster, Wüst war damals Generalsekretär der Partei und trat zurück. Dauerhaften Schaden als Politiker nahm er dennoch nicht. Das gilt auch für die Phase als junger Wilder, als Wüst gerne schneidig und vorlaut auftrat, um die CDU an ihren konservativen Markenkern zu erinnern. So forderte er, dass Arbeitslose sich um das Sauberhalten von Spielplätzen kümmern sollten.
Längst tritt Wüst weniger forsch auf. Aus dem Scharfmacher von einst ist ein Mann der Mitte geworden. Und ein Politiker, der sich in schwierige Themen einarbeiten und etwas bewegen kann. Seit 2017 ist Wüst Verkehrsminister in NRW – und so schlecht fällt seine Bilanz nicht aus.
Zwar wird Bayern nach wie vor bevorzugt, wenn der Bund seine Milliarden für Straße und Schiene an die Länder verteilt, weil das Ministerium seit Jahren fest in den Händen der CSU liegt. Aber der Abstand zwischen Bayern und NRW ist dank Wüst deutlich geringer geworden. Immerhin. Zu seinen Verdiensten zählt auch, ein Gesetz zur Förderung des Radverkehrs auf den Weg gebracht zu haben und damit bundesweit Vorbild zu sein.
Wie geschlossen die CDU hinter Wüst steht, zeigte jüngst seine Wahl zum Chef der Landespartei mit mehr als 98 Prozent der Stimmen. Der 46-Jährige scheint Hoffnungsträger für alle zu sein, für den Wirtschafts- wie für den Arbeitnehmerflügel, für Senioren-Union wie für Junge Union. Ob sein Stern als Ministerpräsident auf Dauer leuchtet, hängt aber vermutlich davon ab, wie effizient die neue Ampel-Regierung in Berlin arbeitet. Gelingt das, muss die CDU wohl auch in NRW in die Opposition.