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Corona: Angela Merkel, lassen Sie sich impfen!

Kommentar zu Astrazeneca : Frau Merkel, lassen Sie sich impfen!

Der teilweise Impfstopp für Astrazeneca war ein Tiefschlag für die Impfkampagne. Umso wichtiger ist es jetzt, das angeknackste Vertrauen in den Stoff zu stärken.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier tut es, Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann tut es, aber der Bundesinnenminister tut es nicht: Horst Seehofer lehnt es ab, sich mit dem Corona-Impfstoff von Astrazeneca impfen zu lassen. Via „Bild“-Zeitung verkündet der CSU-Politiker, er lasse sich vom Gesundheitsminister „nicht bevormunden“. Spahn soll alle über 60-jährigen Kabinettsmitglieder in der Sitzung am Mittwoch aufgefordert haben, mit gutem Beispiel voranzugehen und sich als vertrauensbildende Maßnahme mit Astrazeneca impfen zu lassen.

Seehofers Einlassung wirkt verheerend. Seinem Beispiel könnten nun viele Bürger folgen, die dem Astrazeneca-Impfstoff ebenfalls misstrauen. Da nützt es auch nichts, wenn der Innenminister hinzufügt, dass die Ablehnung nichts mit seinem Argwohn gegenüber dem britisch-schwedischen Vakzin zu tun habe. Womit denn dann, lieber Herr Seehofer? Eine genauere Erklärung wäre dringend nötig gewesen. Stünden etwa persönliche gesundheitliche Probleme Seehofers dahinter, hätte er die schädliche Wirkung auf die Impfkampagne eingedämmt.

Der Bundespräsident hielt mit seiner Impfung am Gründonnerstag dagegen und weitere Spitzenpolitiker sollten es jetzt ebenfalls tun. Nichts spricht mehr gegen die Impfung der 66-jährigen Bundeskanzlerin, die bisher stets betont, sie wolle sich nicht vordrängeln. Spahns Bitte am Kabinettstisch war auch an sie gerichtet. Da die Hauptstadt den Astrazeneca-Impfstoff für alle über 60-Jährigen freigegeben hat, könnte Merkel problemlos über Ostern geimpft werden.

Der teilweise Impfstopp für Astrazeneca war ein Tiefschlag für die Impfkampagne. Umso wichtiger ist es jetzt, das angeknackste Vertrauen in den Stoff zu stärken. 31 Fälle von Hirnthrombosen in Deutschland sind bei drei Millionen Astrazeneca-Impfungen eine verschwindend geringe Zahl. Wer nicht zu einer Risikogruppe gehört, kann dem Impfstoff vertrauen. Gerade bei Älteren hat sich herausgestellt, dass er teils sogar noch wirksamer sein kann als die Impfstoffe von Biontech und Moderna. Die Briten, die bereits 14 Millionen Menschen mit dem britisch-schwedischen Vakzin geimpft haben, blicken ohnehin verständnislos nach Deutschland – nach dem Motto: „Die spinnen, die Deutschen!“

Mehrere Bundesländer, darunter auch NRW, haben als Reaktion auf die Astrazeneca-Entscheidung die bisherige strenge Impfreihenfolge gelockert und allen über 60-Jährigen kurzfristig zu Ostern Impftermine angeboten. Das ist absolut richtig so, denn das Impfen muss endlich richtig in Gang kommen. Dazu trägt hoffentlich der Impfstart in den Hausarztpraxen kommende Woche entscheidend bei.