1. Lokales
  2. Stolberg

Zweiter Stolberger Begegnungstag Inklusion mit Podiumsdiskussionen

Begegnungstag Inklusion : Noch nicht angekommen, aber auf gutem Weg

Als Maria Poquett gesagt hat, „Inklusion ist nicht das Problem der Menschen mit Behinderung“, war bereits allen Anwesenden klar: Das vermeintliche Problem besteht viel mehr für Menschen ohne Behinderung.

Konstruktiv wie auch kritisch, kurzweilig und mit viel Humor angereichert waren die beiden Podiumsdiskussionen beim zweiten Stolberger Begegnungstag Inklusion. Besonders die Mischung aus Experten und Inklusions-Praktikern machte die gut besuchte Abendveranstaltung im Museum Zinkhütter Hof interessant.

Als Gastgeber begrüßte Robert Voigtsberger, kommissarischer Verwaltungschef und Erster Beigeordneter der Kupferstadt, die Besucher und erinnerte daran, dass Stolberg im Jahr 2016 als erste Kommune in der Städteregion mit Lukas Franzen einen Inklusionsbeauftragten eingesetzt hat.

Nach dem ersten Stolberger Begegnungstag Inklusion im Jahr 2017 sei Anfang 2018 mit der Umsetzung des Kupferstädter Aktionsplans Inklusion begonnen worden, der 24 Einzelprojekte beinhaltet. „Inklusion ist ein Querschnitt-Thema, dass nahezu alle Bereiche in der Gesellschaft tangiert“, betonte Voigtsberger, und die anschließenden Podiumsdiskussionen verdeutlichten dies sehr gut.

Patrick Haas, Vorsitzender des Ausschusses für Soziales und Generationengerechtigkeit, meinte in seinem Grußwort: „Inklusion ist ein lebender Prozess, bei dem die Bewegung und die Begegnungen wichtig und schon die ersten Erfolge sind.“ Der Theologe Rainer Schmidt moderierte die Gesprächsrunden mit Praktikern, Fachleuten und den Gästen im Saal, wobei immer wieder seine zweite Passion durchschien: Rainer Schmidt ist auch Kabarettist, und dementsprechend hohen Unterhaltungswert hatte seine Moderation, die das ernste Thema kurzweilig auflockerte.

Bei der zweiten Podiumsdiskussion greifen Prof. Gerd Ascheid (v. r.), Dr. Volker Anneken und Susanne Bücken die Themen auf.
Bei der zweiten Podiumsdiskussion greifen Prof. Gerd Ascheid (v. r.), Dr. Volker Anneken und Susanne Bücken die Themen auf. Foto: Dirk Müller

In der zweiten Runde begrüßte Schmidt drei ausgewiesene Experten. Prof. Dr. Gerd Ascheid, Landesvorsitzender der Lebenshilfe NRW, Susanne Bücken, Inklusionsbeauftragte der Katholischen Hochschule NRW Abteilung Aachen, und Dr. Volker Anneken, Geschäftsführer des Forschungsinstituts für Inklusion durch Bewegung und Sport, widmen sich im Gespräch der Inklusion in den Bereichen Bildung und Sport. In der ersten Gesprächsrunde stellten vier Frauen bereits existierende Projekte vor. Ursula Espeter berichtete von dem Stolberger Verein Tabalingo – Sport und Kultur integrativ.

400 Kinder und Jugendliche seien bei Tabalingo aktiv, 200 ohne und 200 mit Handicap. Problematisch sei der Stempel „Behindertenverein“ oder gar „Einrichtung für behinderte Kinder“, der Tabalingo immer wieder aufgedrückt werde, sagte Espeter: „Das stimmt so nicht. Tabalingo ist ein völlig normaler Sportverein – nur eben offen für alle Kinder und Jugendlichen.“ Maria Poquett und Nadia Volz-Lalee stellten die VIA Integration aus Aachen vor. In den Abteilungen Bio-Gärtnerei, Veranstaltungsgastronomie, Bio-Verkauf und Fan-Shops der Alemannia Aachen arbeiten bei der VIA mehr als 70 Menschen mit und ohne Handicap zusammen.

„Dabei sind wir ein wirtschaftliches Unternehmen. 20 Prozent werden von Landschaftsverband Rheinland und dem Jobcenter finanziert, aber 80 Prozent müssen wir selbst erwirtschaften“, hob Volz-Lalee hervor. Poquett sprach nicht nur den eingangs erwähnten Schlüsselsatz beim Stolberger Begegnungstag Inklusion aus, sondern merkte auch kritisch an: „Solange es Veranstaltungen wie diese gibt, ist die Inklusion noch nicht wirklich angekommen. Aber wir sind auf einem guten Weg.“

Einen weiteren gesellschaftsrelevanten Aspekt von Inklusion repräsentierte Michaela Mucke von inklusiv wohnen Köln. Der Verein hat eine 2012 entstandene Vision realisiert, und heute wohnen in einem Haus im Kölner Süden Menschen mit und ohne Handicap gemeinsam unter einem Dach. „In der Praxis stellt die Personalplanung unseren Verein oft vor große Herausforderungen“, erklärte Mucke. Zudem wussten alle vier Praktikerinnen auf der Bühne von vielfältigen bürokratischen Hürden zu berichten, die gelebte Inklusion für die Macher erschweren.

Die Podiumsdiskussionen am Abend waren der Abschluss des zweiten Stolberger Begegnungstag Inklusion, der sich tatsächlich mit mehreren Veranstaltungselementen über den ganzen Tag erstreckte. „Insgesamt haben wir fast 400 Menschen im Zinkhütter Hof erreicht“, zog der Kupferstädter Inklusionbeauftragte ein positives Fazit.

„Es waren interessante Veranstaltungen mit spannenden Gästen, und das Format hat sich bewährt“, sagte Lukas Franzen und resümierte: „Vor allem nehmen wir viele Anregungen für die Stadt Stolberg mit. Insbesondere in den Bereichen Arbeit und Wohnen, in denen noch viel zu tun ist.“