Erster Grundversorger senkt Tarife : Wende bei Energiepreisen in der Region
Stolberg Die Wende bei den Energiepreisen ist endlich eingeläutet. Die EWV in Stolberg fährt als erster regionaler Versorger die Preise im Juni herunter. Ist das nur ein Strohfeuer?
An den Energiebörsen sind die Preise für Gas und Strom seit Monaten im Sinkflug, nachdem sie im Raketentempo gestiegen waren. Und mit ihnen die Endpreise für die Verbraucher. Die fragen sich jetzt vielfach: Wann kommen denn die sinkenden Preise endlich bei uns an? Antwort: Zunächst zumindest für Teile unserer Region im Juni.
Im exklusiven Gespräch mit unserer Zeitung kündigt die Energie- und Wasser-Versorgung GmbH mit Sitz in Stolberg als erste regionale Versorgerin an, die Preise für Gas wie auch Strom zu senken. EWV ist bei Gas Grundversorgerin in rund 20 Kommunen zwischen Wassenberg im Norden und Monschau im Süden und bei Strom in Stolberg, Eschweiler, Alsdorf, Baesweiler, Aldenhoven, Linnich und Titz. Profitieren werden davon zunächst nun 90.000 der rund 160.000 Kunden. Gas- und Strompreise in der Grundversorgung sowie einigen Sonderverträgen sinken ab Juni um jeweils rund 15 Prozent. Preiserhöhungen hatte es zuletzt im November für Gas und im Januar für Strom gegeben.
Konkret: In der Gasgrundversorgung geht es von 14,54 um 2,04 auf 12,50 Cent pro Kilowattstunde runter, beim Strom von 49,31 um 7,43 auf 41,89 Cent. Wegen der Energiepreisbremsen gilt das nur für 20 Prozent des Verbrauchs, 80 Prozent sind auf 12 Cent bei Gas und 40 Cent bei Strom gedeckelt. Dennoch spare ein Musterhaushalt mit 18.000 Kilowattstunden Verbrauch durch die Senkung 73 Euro im Jahr und bei Strom (3500 Kilowattstunden) 52 Euro. Dies gilt zunächst nicht für sogenannte „Fix-Verträge“ mit zeitlich festgelegten Konditionen, die aber ohnehin günstiger seien. Hier könne erst im Oktober (Gas) beziehungsweise Januar (Strom) wieder angepasst werden.
Vor allem Stadtwerke kaufen die Energie an den Börsen teils mittel- und langfristig bis zu drei Jahre im Voraus ein. Was zuletzt dazu führte, dass hier die Preise zwar stark, im Vergleich zu eher kurzfristig kalkulierenden Anbietern aber noch moderater stiegen. Einige kleine und große Billiganbieter mussten sogar die Lieferungen an ihre Kunden gänzlich einstellen, wovon auch in unserer Region Tausende betroffen waren. „Wir haben unseren Kunden versprochen: Sobald sich die Lage entspannt und wir Luft zum Atmen haben, geben wir dies so schnell wie möglich an sie weiter“, sagt EWV-Vertriebsleiter Christoph Hesse.
Im Herbst 2022 hatten die Einkaufspreise an den Börsen in der Spitze bei über 1000 Euro pro Megawattstunde Strom und mehr als 300 Euro pro Megawattstunde Gas gelegen. Aktuell sind sie auf rund 160 beziehungsweise knapp 50 Euro gesunken. Das ist erfreulich, aber laut Hesse immer noch dreimal so viel wie vor der Preisexplosion, als die Einkäufer 50 Euro für Strom und 15 für Gas zahlten, was für Endkunden beispielsweise Preise von fünf bis sieben Cent pro Kilowattstunde bedeutete.
Aber wird der aktuell positive Trend andauern oder ist es eher ein Strohfeuer? Schließlich hatten Experten noch vor kurzem mit längerfristig höheren Preisen gerechnet. Christoph Hesse warnt vor zu viel Euphorie: „Das ist derzeit eine Momentaufnahme.“ Es gebe viele Faktoren, die auch wieder zu einer Verteuerung führen könnten. Zum Beispiel ein heißer und trockener Sommer, einhergehend mit dem Ausfall vieler Atomkraftwerke in Frankreich. Zunächst sei die Senkung nun aber eine gute Nachricht nicht nur für Haushalte, sondern auch für viele Gewerbe- und Industriekunden, die unter den extremen Energiepreisen leiden.
Und noch eines bereitet dem Fachmann durchaus Sorgen: Bis in den Dezember hinein hätten die Appelle zum Energiesparen mit Einsparungen bis zu 20 Prozent gegenüber Vorjahren gefruchtet. Doch seitdem klar wurde, dass Deutschland energiemäßig gut durch den Winter kommt, hätten die Verbraucher den Schalter im Wortsinn wieder umgelegt. Raumtemperaturen seien beispielsweise wieder hochgeschraubt, Warmduschen wieder aufs frühere Maß verlängert worden. Deswegen liegen die Einsparung aktuell im Vergleich nur noch bei drei bis sieben Prozent.