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Schwimmassistenz: Warum es in Stolberg wieder mehr „Seepferdchen“ gibt

Schwimmassistenz : Warum es in Stolberg wieder mehr „Seepferdchen“ gibt

Weil immer mehr Grundschüler nicht schwimmen können, gibt es jetzt Unterstützung von Schwimmassistenten. Wie lange dies noch finanziert wird, ist allerdings unklar. In Eschweiler ist die Situation anders.

Schwimmkurse mit ellenlangen Wartelisten, immer weniger Lehrer mit entsprechender Ausbildung und Familien, in denen die Schwimmkompetenzen des Nachwuchses etwa aufgrund von Geldsorgen auf der Prioritätenliste nicht unbedingt ganz oben rangieren: Die Gründe, warum immer mehr Kinder hierzulande nicht oder nicht richtig schwimmen können, sind vielfältig.

Hinzu kommen die Defizite aus der Coronavirus-Pandemie als Schwimmbäder und Schulen maßgeblich von Lockdowns betroffen waren: „Das Thema Schwimmen war schon vorher ein schwieriges. Doch die Pandemie hat uns nochmal zurückgeworfen“, berichtet Petra Bleimann, Schulleiterin der Offenen Gemeinschaftsgrundschule in Gressenich.

Ein Zustand, der lebensgefährlich werden kann, wie die Schulleiterin weiß: „Schon bei 30 Zentimeter Wassertiefe besteht Ertrinkungsgefahr.“ Gleichzeitig hätten immer mehr Familien einen Pool zu Hause. Umso wichtiger, dass Kinder schon früh Schwimmen lernen – etwa im Rahmen des verpflichtenden Schwimmunterrichts in der Grundschule. Doch leider gibt es immer weniger Lehrkräfte, die die nötigen Qualifikationen mitbringen, um Schwimmunterricht zu geben.

Um diesem Problem zu begegnen, gibt es in Stolberg seit anderthalb Jahren zwei sogenannte Schwimmassistenten: Jeweils zehn Stunden in der Woche stehen Vera Willms und Cedric Gouder de Beauregard im Hallenbad am Glashütter Weiher bereit, um die Lehrkräfte aller zehn Stolberger Grundschulen beim Schwimmunterricht zu unterstützen.

Das bedeutet konkret: Kommt eine Klasse mit nur einer Lehrperson für die Aufsicht, kann der anwesende Schwimmassistent den Schülerinnen und Schülern aktiv Hilfestellung geben. Oft werden die Klassen allerdings von vornherein nach Leistungsniveau aufgeteilt, wie Schwimmassistentin Vera Willms berichtet: „So kann ich zum Beispiel mit den Nichtschwimmern im ‚kleinen Becken‘ üben, während die Lehrer mit den etwas geübteren Schwimmern ins ‚große Becken‘ können. Davon profitiert am Ende die ganze Klasse.“

Die 32-jährige Aachenerin kommt aus dem Leistungsschwimmen, trainiert wie ihr Kollege derzeit beim Kohlscheider Schwimmclub in Herzogenrath und betreut schon seit ihrer Jugend Nachwuchsschwimmer. Über ihre Stelle als Schwimmassistenz sagt sie: „Ich habe noch nie eine so sinnvolle Arbeit gemacht. Das ist ganz praktische Hilfe, die ankommt.“ Im vergangenen Jahr sei es so in einigen Klassen gelungen, die Nichtschwimmer-Rate auf null zu setzen. Zeitgleich gäbe es wieder mehr Kinder, die das erste Schwimmabzeichen „Seepferdchen“ absolvierten.

Die Anregung zur Stolberger Schwimmassistenz kam von Schulleiterin Petra Bleimann. Ihr Ansatz: Das Schwimmenlernen in die Schulen holen. Denn: „Auch wenn es mehr Schwimmkurse gäbe, das erfordert immer, dass die Eltern aktiv werden, die Kinder anmelden und hinbringen.“ Und das sei in vielen Familien eben nicht immer so ohne weiteres möglich.

Petra Bleimann habe sich daher vor anderthalb Jahren bei den zuständigen Schulräten für die Einführung der Schwimmassistenten in Stolberg stark gemacht. Mit Erfolg: Wenig später wurde im Rahmen des Förderprogramms „Aufholen nach Corona“ eine 20-Stunden-Stelle eingerichtet, die sich Wilms und Gouder de Beauregard mittlerweile teilen.

Wenn die Förderung von Bund und Land im kommenden Sommer ausläuft, wird die Franziska-van-Almsick-Stiftung voraussichtlich die Kosten für ein weiteres halbes Jahr übernehmen, berichtet Bleimann. Was danach kommt, wissen die Verantwortlichen indes noch nicht.

Das Grundproblem, dass an den Grundschulen immer weniger Schwimm- und Sportlehrer zur Verfügung stehen, kann durch die Schwimmassistenten indes nicht gelöst werden. Doch auch hier gibt es in Stolberg bereits Ideen: „Eventuell können die Schwimmassistenten zukünftig auch Schwimmlehrer ausbilden“, sagt Bleimann. Das sei dann aber erneut eine Frage der Finanzierung.