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Jubiläum: Vor drei Jahrzehnten in einer Krise gestartet

Jubiläum : Vor drei Jahrzehnten in einer Krise gestartet

Es ist ein besonderes Jübiläum: Die Wirtin Uschi Breier übernahm 1991 – vor genau 30 Jahren – den Postwagen. Wie damals alles anfing? Mit einem Golfkrieg statt Karnevalszügen und Bombendrohungen in Aachen.

Wie sämtliche Kneipen ist auch der Postwagen in Stolberg geschlossen. Die harte Zeit für die Gastwirte ist für Uschi Breier eine Art Déjà-vu, denn als sie vor 30 Jahren den Postwagen am Steinweg übernahm, sah sie sich gleich zu Beginn vor einer existenzgefährdenden Situation. 1986 hatte Breier in Aachen-Burtscheid mit Zur Post ihre erste Gaststätte eröffnet. Als der Pachtvertrag auslief, entschied sie sich, am 18. Januar 1991 in Stolberg den Postwagen zu übernehmen.

„Zwei Tage vorher meldeten die Medien, dass der Karneval wegen des Golfkriegs abgesagt werden soll. Das war ein großer Schock für mich, denn die Haupteinnahmequelle des Jahres war damit gefährdet, was ein denkbar schlechter Einstand für mich gewesen wäre“, beschreibt Uschi Breier. Glücklicherweise sei der Einstand trotz allem äußerst gelungen gewesen. „Der Straßenkarneval fiel zwar aus, aber in Stolberg haben Veranstaltungen wie Sitzungen stattgefunden. So sind viele Karnevalisten vor und nach den Veranstaltungen in den Postwagen eingekehrt.“

Gäste aus Aachen

Und auch Gäste aus Aachen hätten in Stolberg gefeiert. „Es gab anonyme Bombendrohungen gegen Karnevalsveranstaltungen, Säle und Gaststätten in Aachen. Absagen von Veranstaltungen, geschlossene Gaststätten und verängstigte Gäste waren die Folge. Viele Aachener aus meinem alten Bekanntenkreis haben daher im Postwagen mit Stolbergern Karneval gefeiert“, erinnert sich Breier. In der Kneipe sei der Zapfhahn im Dauereinsatz gewesen.

„Es war aber ein riskantes Spiel: Da kommt ein Oecher Mädchen als Wirtin in den Postwagen, bringt anfangs nur Bedienungen aus Aachen mit und sogar noch Gäste aus Oche. Trotzdem haben die Stolberger mich schnell adoptiert“, sagt Uschi Breier und betont: „Mittlerweile fühle ich mich längst selbst als Stolbergerin.“ Selbst der Rosenmontag, an dem 1991 kein närrischer Lindwurm am Postwagen vorbeizog, sei ein Erfolg gewesen. „Für den Stolberger Prinzen Lothar I. Janiec musste der Triumphzug ausfallen, aber Lothar hatte am Rosenmontag Geburtstag, der im Postwagen fröhlich gefeiert wurde.“

Situation verfahrener

Während vor 30 Jahren der Einstand im Postwagen doch noch gelungen war, sei die derzeitige Situation der Gastronomie ungleich verfahrener, sagt Breier: „Der erste Lockdown war ja noch zu verkraften, aber danach blieben viele Gäste aus Angst vor dem Virus zu Hause.“ Resultat seien fehlende Einnahmen gewesen, und der erneute und derzeit verlängerte Lockdown sei schlichtweg „eine Katastrophe“ für die Gastronomie. „Faktisch gilt für Gastwirte zum zweiten Mal innerhalb von neun Monaten ein Berufsverbot“, meint Uschi Breier.

„Und das ausgerechnet in der wichtigsten Zeit des Jahres. Im Dezember sorgen normalerweise die Kupferstädter Weihnachtstage für Frequenz in der Innenstadt und damit auch für viele Gäste in der Gastronomie. Und ab dem 2. Januar würde praktisch der Karneval beginnen, der für Kneipen im Rheinland das finanzielle Rückgrat darstellt. Ich fürchte, viele selbstständige Wirte werden diese Krise nicht meistern können.“

Für sie selbst bleibe momentan nur die Hoffnung, „so bald es geht“, wieder öffnen zu können. „Ich bin gerne und mit Leib und Seele Wirtin. Mir fehlen die Gäste, die Gespräche und das Miteinander-Lachen und -Feiern. Dementsprechend groß ist meine Vorfreude darauf, wenn dies wieder möglich sein wird“, sagt Uschi Breier.