Ende der Herbstferien : Schulleiter sind auf alle Eventualitäten vorbereitet
Stolberg/Eschweiler Die Herbstferien gehen vorbei – und einige Menschen sind in großer Sorge, dass sich die Schulen zu neuen Hotspots entwickeln können. Sechs Schulleiter aus Stolberg und Eschweiler sagen ihre Meinung.
Normalerweise bereitet das Ende der Ferien höchstens einigen Schülern Bauchschmerzen. Doch in diesem Jahr macht der Schulstart auch vielen Menschen aus der Politik und Schullandschaft Sorgen. Denn in NRW und auch in der Städteregion Aachen steigen die Corona-Fallzahlen weiter an – die Befürchtung: Wenn jetzt der Unterricht wieder startet, könnten die Schulen mögliche Hotspots der Krise werden.
In Stolberg und Eschweiler herrscht zwar eine gewisse Anspannung unter den Schulleitern, Uwe Bettscheider vom Ritzefeld-Gymnasium in Stolberg möchte jedoch das Wort „Sorge“ nicht in den Mund nehmen. „Wir müssen mit der jetzt kommenden Situation umgehen“, sagt er. Das ist auch der Tenor bei vielen seiner Kolleginnen und Kollegen.
Bisher sind die meisten Schulen in den beiden Städten ohne größere Unterrichtsausfälle oder Quarantänen für Klassen oder Jahrgangsstufen durch die Pandemie gekommen.
„Wir hatten einen Corona-Fall, der uns am Freitag vor den Ferien gemeldet wurde“, sagt Bettscheider. Dieser Schüler und seine Erstkontakte hätten in den Ferien in Quarantäne gemusst. Wie viele Schüler darunter gewesen seien, wird Bettscheider erst am Montag erfahren.
Mit dem neuen Erlass der Landesregierung, der am Mittwochmittag an die Schulen übermittelt wurde und besagt, dass ab sofort ab der fünften Klasse wieder Masken getragen werden müssen, ändert sich am Ritzefeld-Gymnasium zunächst wenig: Die Maskenpflicht habe an der Schule ohnehin seit den Sommerferien Bestand gehabt – trotz Lockerungen seitens der NRW-Regierung. Die rund 600 Schülerinnen und Schüler seien mit dieser Auflage in der großen Mehrheit sehr gut und diszipliniert umgegangen, berichtet Bettscheider. Auch über die Ausstattung des Schulgebäudes kann er sich nicht beschweren. Anders als in anderen Schulen – auch in Stolberg – habe es keine Probleme gegeben, Fenster zu öffnen und zu lüften. Jetzt müsse überlegt werden, wie man auch bei den anstehenden kalten Temperaturen vernünftig lüfte. Die zu Anfang der Pandemie von vielen Schulen massiv kritisierte Kommunikation mit dem Landesministerium habe sich indes deutlich gebessert. „Ich bin froh, dass ich die Entscheidungen der vergangenen Monate nicht treffen musste“, gibt Bettscheider zu bedenken.
Viel frische Luft im Winter
Etwas weniger gelassen blickt Thomas Gurdon, Schulleiter des Berufskollegs in Eschweiler, auf die Lage: „Ich bin in großer Sorge, wie wir den Gesundheitsschutz und das Recht auf Bildung für alle gut zusammenfügen können“, sagt er. Den Unterricht in geordneter Weise aufrechtzuerhalten, sei eine Herausforderung im Angesicht der hohen Infektionszahlen. Am Berufskolleg hat es insgesamt fünf Corona-Fälle gegeben. Bei rund 2200 Menschen, die an der Schule arbeiten und lernen, sei die Zahl aber „überschaubar“. Die Maskenpflicht werde seitens der Schüler im Unterricht zwar eingehalten, aber Gurdon sagt auch: „Pubertäre Jugendliche testen Grenzen – auch beim Tragen von Schutzmasken. Dies fällt besonders vor dem Schulgelände auf, wo wir nichts unternehmen können.“
Die neue Verordnung des Ministeriums begrüßt er ausdrücklich. Kritik übt Gurdon aber – im Gegensatz zu manchen seiner Kollegen – an der Kommunikation: „Ich würde mir etwas mehr Planungszeit und Planungssicherheit wünschen, damit wir die Kolleginnen und Kollegen sowie die Schülerinnen und Schüler frühzeitig informieren können.“ Und zum Thema Fenster? Die lassen sich in Eschweiler gut öffnen. Das 30 Jahre alten Hauptgebäude und der zwölf Jahre alte Anbau würden von der Städteregion vorbildlich gepflegt. „Wir werden einen Herbst und Winter mit viel frischer Luft erleben“, resümiert der Schulleiter.
Keine Maskenpflicht herrscht aktuell und künftig an den Grundschulen. Dennoch tragen die Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer an der Grundschule in Zweifall ihre Masken auch im Unterricht. „Die Kinder sind sehr diszipliniert mit den Masken – das ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit“, sagt Schulleiterin Ute Esser. Ob sie sich Sorgen macht? „Ich bin hin und hergerissen – aber dagegen, dass die Schulen geschlossen werden müssen.“ Es habe zwar kurz vor den Ferien einen Fall in ihrer Schule bei einer Betreuungsperson gegeben, dieser habe jedoch zu keiner Kettenreaktion geführt. Nur eine weitere Person, die mit der Schule Kontakt hatte, musste in Quarantäne. Für die Zukunft rechnet sie aber mit weiteren Fällen: „Wir müssen dann schnell reagieren und vorbereitet sein.“ Es sei durchaus im Bereich des Möglichen, dass bald auch einmal eine ganze Klasse zuhause bleiben müsse. Dass das Ministerium erst relativ kurz vor dem Ende der Herbstferien neue Vorschriften erlassen hat, ist für sie kein Problem: „Ich habe Verständnis dafür, dass das Ministerium wegen der Entwicklung der Zahlen mit neuen Vorgaben gewartet hat“, sagt sie. Dem dringend notwendigen Lüften der Räume stehe nichts entgegen: Alle Fenster der Schule lassen sich öffnen.
Risikopatienten unter den Lehrern
Schon vor den Ferien standen in der Realschule Patternhof in Eschweiler die Fenster meistens weit offen. Das Prinzip „Stoßlüften“ ist Schulleiterin Michaela Silbernagel besonders wichtig. Doch aktuell ist sie beunruhigt: „Grundsätzlich haben wir alle große Sorgen wie sich die Situation entwickelt“, sagt sie. Bisher waren die Einschränkungen an ihrer Schule nicht hoch. „Wir konnten den Unterricht nach den Vorgaben immer erteilen“, erläutert sie. Dazu gehört das strenge Hygienekonzept der Schule mit getrennten Eingängen und Desinfektionsmitteln ebenso wie das Verhalten der Schüler: Die meisten würden auch an den Sitzplätzen die Masken aufbehalten. Die Schüler wüssten, dass es im Lehrpersonal Risikopatienten gebe und seien daher entsprechend vorsichtig.
Die konsequente Umsetzung habe die Schule wohl vor härteren Maßnahmen bewahrt: Es gab vom Ende der Sommerferien bis zum Beginn der Herbstferien eine Infektion mit dem Coronavirus. Vier weitere Personen mussten in Quarantäne, keiner wurde positiv getestet. Der Inhalt des Rundbriefs des Ministeriums kommt für sie nicht überraschend. Wegen den Vorgaben der Städteregion sei mit einer Ausweitung der Maskenpflicht zu rechnen gewesen.
Die Ausweitung macht Carsten Gier, Schulleiter der Bischöflichen Liebfrauenschule in Eschweiler, keine Sorgen. „Die Vereinbarung, die Masken auch nach den Lockerungsmaßnahmen weiter zu tragen, ist auf sehr breite Resonanz gestoßen, so dass ich mir wenig Sorgen mache, dass auch nach den Ferien die Maskenpflicht umgesetzt wird.“ Wegen der Disziplin aller Beteiligten ist er optimistisch, dass die Einhaltung der Hygieneregeln gelingt – auch habe es bisher noch keinen Corona-Fall an der Schule gegeben. Mit der Information durch das Ministerium ist er zufrieden: „Wir sind rechtzeitig vor dem Unterrichtsstart am Montag informiert worden.“ Dass sei genügend Vorlaufzeit, die bekannt gegebenen Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehört natürlich konsequentes Lüften. Das ist in dem alten Haus kein Problem: „Unser Gebäude ist in den vergangenen Jahren konsequent saniert worden“, sagt der Schulleiter. Kaputte Fenster seien ausgetauscht worden, man könne problemlos in allen Räumen lüften. „Zusätzlich prüft gerade unser Schulträger, das Bistum Aachen, welche weiteren Maßnahmen zu einer Verbesserung der Luftqualität in den Räumen umgesetzt werden können.
Mittlerweile lassen sich alle Fenster öffnen
„Wir müssen uns auf alle Eventualitäten vorbereiten“, ist Bernd Decker, Schulleiter des Goethe-Gymnasiums in Stolberg, überzeugt. „Damit meine ich die Schließung der Schule oder die Quarantäne für einzelne Jahrgangsstufen oder Klassen.“ Dann müsse der Unterricht im Zweifel wieder über die Videoplattform „Teams“ stattfinden. Der bisher einzige Corona-Fall an der Schule seit den Sommerferien habe nicht zu Problemen geführt. Dadurch, dass trotz der Lockerungen die Schüler im Unterricht Masken tragen, habe es keinen weiteren Erstkontakt im Sinne des Gesundheitsamtes gegeben, der Unterricht durfte weitergehen. Die Akzeptanz bei den Schülern für die Masken sei hoch – dennoch: „Wir rechnen damit, dass weitere Fälle auf uns zukommen werden.“ Deckers Schule gehört auch zu denen, die ein gebäudetechnisches Problem bei der Umsetzung der Vorschriften hatten. Einige der alten Fenster ließen sich schon seit längerer Zeit nicht mehr öffnen, die Schließmechanismen waren defekt. Nach einer ersten Reparatur ist das von der Landesregierung vorgeschriebene Stoßlüften nun in allen Räumen möglich.
Alle Schulen betonen, dass die Ansteckungen der Schüler oder des Lehrpersonals nicht innerhalb der Schule stattgefunden hätten. Die Hygienemaßnahmen würden von Lehrern wie Schülern in der absoluten Mehrheit eingehalten. Viel mehr könnten die Einrichtungen nicht machen, um eine Schließung von Klassen und Schulen zu verhindern. Oder, wie Uwe Bettscheider vom Ritzefeld-Gymnasium es ausdrückt: „Wir werden unser Bestes tun – aber ansonsten könne wir nur abwarten.“