Unser Karneval : Mit viel Frauen-Power und „Wiever Alaaf!“
Serie Stolberg Die KG Büsbach setzt als ältester Stolberger Karnevalsverein nicht nur auf Tradition, sondern auch auf Emanzipation.
Als Büsbach noch eine eigenständige Gemeinde war, gründete sich im Jahr 1928 die KG Büsbach – heute Stolbergs älteste Traditionsgesellschaft. Während die KG Jahrzehnte lang ein reiner Männerverein war, und in den Gründerjahren sogar das Tanzmariechen männlich war, ist inzwischen längst die Emanzipation ins närrische Barenland eingezogen. Besonders seit der jüngsten Vorstandswahl setzt die KG Büsbach noch mehr auf Frauen-Power.
Sieben Frauen und sechs Männer wurden in den Vorstand gewählt, und mit dem 2. Garde-Kommandanten Thomas Fuchs, der zuvor bei der Garde-Versammlung gewählt worden war, besteht der Vorstand jetzt jeweils genau zur Hälfte aus Männern und Frauen. „Die Frauen sind für unsere KG nicht nur wichtig, was die Anzahl der aktiven Mitglieder angeht, sondern sie übernehmen auch sehr engagiert verantwortungsvolle Aufgaben, und das ist gut so“, meint der neue Vorsitzende Stefan Schartmann.
Die Emanzipation in der KG Büsbach sei relativ spät, dafür dann aber mit großen und recht schnellen Schritten erfolgt, beschreibt die neue Geschäftsführerin Sandra Müllejans: „2006 war Lisa I. Oebel die erste weibliche Kindertollität der KG Büsbach. 2010 wurden Frauen aktiv und zogen Elferrats-Uniformen an, und 2012 wurde Ute Schartmann die erste Präsidentin, nachdem vorher zehn Männer das Präsidentenamt ausgeübt haben.“ Während der Damen-Elferrat bald vollzählig gewesen sei, habe der Herren-Elferrat zwischenzeitlich nur noch aus vier Männern bestanden.
Gemischter Elferrat
„Deshalb gibt es heute längst einen gemischten Elferrat“, erklärt die neu gewählte Präsidentin Tina Kusch. In der Session 2019/2020 sei der nächste Schritt in Richtung Gleichberechtigung gefolgt: „Monique Schartmann hat als erste Frau eine Garde-Uniform getragen. Mit der großen Tanzmarie, Sandra Müllejans als Till und Rebecca Schartmann als Mundschenk gab es also schon vier weibliche Aktive in der Garde.“ Weitere weibliche Garde-Mitglieder sollen folgen. „Wie beim Elferrat soll es keine Herren- und keine Damen-Garde, sondern eine gemischte Formation sein“, erläutert Jugendbetreuerin Rebecca Schartmann.
Sie hat den nächsten Clou der KG-Damen geplant, der aber wegen der Coronavirus-Pandemie bis 2023 warten muss. Dann aber soll es das neue Format der KG Büsbach unter dem Namen „Wiever Alaaf!“ geben. „Als wir bei einer Vorstandssitzung die Idee geäußert haben, eine reine Mädchen- und Damensitzung zu veranstalten, waren die Männer sofort dafür“, sagt Rebecca Schartmann. Die Herren der KG würden bei der Sitzung für Frauen durchaus dabei sein dürfen, beschreibt Tina Kusch: „Sie dürfen die weiblichen Gäste bedienen, und ein Mann darf moderieren.“
Der Plan für „Wiever Alaaf!“ sehe vor, dass die Frauen der KG die Sitzung organisieren, an dem Abend selbst aber tüchtig feiern, während die Männer ehrenamtlich arbeiten. „Das würden wir umgekehrt genauso handhaben“, betont Sandra Müllejans. Wie „Wiever Alaaf!“ habe der Vorstand die komplette Session 2022 in kürzester Zeit geplant – und nun wegen der Pandemie absagen müssen. „Aber wir bleiben motiviert und hoffen für die kommende Session früher und vor allem diesmal sicherer planen zu können“, sagt die Geschäftsführerin.
Ein echtes Vereinsleben
Das sei für die rund 30 Mitglieder der Kinder- und Jugendabteilung sehr wichtig, hebt Jugendbetreuerin Schartmann hervor: „Auch die Erwachsenen wollen natürlich wieder echtes Vereinsleben. Für die Jugend aber ist es besonders wichtig, wieder regelmäßig trainieren und dann auch auftreten zu können.“ Pandemiebedingte Austritte habe es glücklicherweise nicht gegeben, sondern lediglich eine normale Fluktuation. „Es gab Abgänge und Neuzugänge im üblichen Rahmen, und die Jugend hält auch unter schwierigen Bedingungen durch und hält zur KG Büsbach. Trotzdem wird es höchste Zeit, dass wir uns alle wieder gemeinsam präsentieren und Frohsinn verbreiten können.“
Dabei, die Jugendabteilung trotz Karnevalsausfällen bei Laune zu halten, hätten wieder die Frauen der KG großartige Arbeit geleistet, betont Stefan Schartmann, und für den Vorsitzenden steht fest: „Eine reine Männer-KG wäre für mich persönlich nicht das Richtige. Da würde etwas fehlen, und es wäre wahrscheinlich auch langweiliger. Und in der Vorstandsarbeit zeigt sich, dass Frauen und Männer effektiv zusammenarbeiten und gemeinsam einfach besser sind.“ Mit gemischtem Elferrat und gemischter Garde sowie der neuen Frauensitzung „Wiever Alaaf!“ werde die KG Büsbach zudem um weitere Besonderheiten reicher.
Zu den bereits gegebenen Besonderheiten zählt, dass die KG mit dem Umzug am Tulpensonntag durch Büsbachs Straßen den einzigen Kinderkarnevalszug in Stolberg ausrichtet. „Eigentlich ist es ein normaler Zug, bei dem alle Generationen mitgehen können. In 2019 waren zum Beispiel Senioren des Marienheims aktive Zugteilnehmer“, erklärt Sandra Müllejans. Die Betonung auf „Kinder“ wolle die KG allerdings beibehalten, sagt Rebecca Schartmann: „Weil es einerseits der Triumphzug für die Büsbacher Kindertollität ist, und wir uns andererseits sehr darüber freuen, dass viele Kinder der Büsbacher Grundschule und aus Kitas in Büsbach und Umgebung am Zug teilnehmen.“
Mitfastenfeier
Außerdem ist die KG Büsbach die einzige in Stolberg, die eine große und öffentliche Mittfastenfeier veranstaltet. „Das rührt von der Tradition her, in der Mitte der Fastenzeit eine Pause der Abstinenz einzulegen“, erläutert Tina Kusch. „Unsere Mittfastenfeier im Barenland ist sehr beliebt, weil wir Bareschesser fast das komplette Programm mit einmaligen Auftritten aus den Reihen der KG Büsbach gestalten, die es eben nur bei der Mittfastenfeier zu sehen gibt.“
Bleibt eine Büsbacher Besonderheit, die aufgeklärt werden kann: Warum feiern im Barenland die Bareschesser Karneval? „Das geht auf das Jahr 1907 zurück“, sagt Stefan Schartmann. „Damals wurden in Bar genannten Tongefäßen Nahrungsmittel wie Kraut eingelegt. Eine ausrangierte Bar konnte aber auch zum Auffangen von Regenwasser genutzt werden – so wie an der heutigen Konrad-Adenauer-Straße 141. Diese Bar ist 1907 zum ‚Tatort‘ geworden.“
Nach einer Probe des Büsbacher Männergesangvereins und anschließendem wie ausgiebigem Aufenthalt in Gaststätten seien einige Herren gegen Mitternacht auf dem Weg nach Hause gewesen. „Einer von ihnen war Heinrich Gussen. Er verspürte eine dringende Notdurft, ließ die Hosen herunter und setzte sich auf die Bar. Es kam zum ‚Bareplumps‘, und das Barenland und die Bareschesser waren geboren“, erzählt Stefan Schartmann. „Noch heute ist eine kleine glänzende Bar aus Messing festes Bestandteil der Uniformen der KG Büsbach.“