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Fehlende Auszubildende bei den Bäckern

Nachwuchssorgen : Wer will noch fleißiger Handwerker sein?

In Stolberg gibt es nur noch eine inhabergeführter Bäckerei in der Innenstadt. Auszubildende und mögliche Nachfolger gibt es derzeit nicht. Auch im Kammerbezirk sieht die Lage nicht besser aus.

Seit 2014 ist das deutsche Brot aufgrund seiner Vielfältigkeit immaterielles Weltkulturerbe. Der Tag des deutschen Brotes, der am Dienstag, 07. Mai, begangen wird, wäre eine gute Gelegenheit für Bäcker und Kunden, diese Vielfalt zu feiern. Doch viele Bäcker in Deutschland sind nicht in Feierlaune.

Immer mehr kleine Betriebe verschwinden aus den Städten, übrig bleiben große Ketten und sogenannte Selbstbedienungsbäckereien. Das Hauptproblem: Dem Handwerk fehlt es an Auszubildenden und den Betrieben an Nachfolgern. Sowohl Bäcker also auch Bäckereifachverkäufer werden händeringend gesucht. Und davon sind besonders hart die kleinen Handwerksbetriebe betroffen, in denen noch vor Ort gebacken wird.

Dieses Problem existiert auch in Stolberg: Die letzte inhabergeführte Bäckerei in der Innenstadt ist das „Café Weber“. Von ehemals 16 unabhängigen Bäckern ist nur noch René Weber geblieben. Alle anderen Bäckereien in der Innenstadt gehören mittlerweile zu größeren Ketten.

Der 56-Jährige und sucht seit zwei Jahren nach Auszubildenden. Sollte sich jetzt jemand bewerben, dann ist es der letzte angehende Bäcker, den er ausbilden kann. Denn dann möchte Weber in Rente gehen. Doch es sieht nicht gut aus: „Es sind in den letzten Jahren gar keine Bewerbungen bei mir eingegangen“, erzählt er.

Viele Auszubildende, die grundsätzlich Interesse hätten, würden lieber zu den großen Märkten gehen, zu Aldi, Lidl oder in die großen Bäckereien. Dabei könnten sich auch junge Menschen, die bei Weber ausgebildet werden, sicher sein, später bei größeren Bäckereien eine Anstellung zu finden. Denn auch die großen Ketten suchen nach Personal, sowohl vor dem Ofen als auch hinter der Theke.

Weber ist der Meinung, dass besonders auch die frühen Arbeitszeiten abschrecken. Häufig würden diese nicht mehr mit den Vorstellungen der Azubis übereinstimmen, meint Weber. Bäcker müssen eben arbeiten, wenn andere gerade eine ins Bett gehen. „Wenn die Menschen Tanz in den Mai feiern, stehe ich bereits in der Backstube“, erzählt Weber, „welche Jugend hat denn noch Lust auf so etwas?“ Das Familienleben und die Freizeit stünden oft im Vordergrund. Er prognostiziert dem Handwerk eine düstere Zukunft: „In 10 Jahren gibt es so kleine Handwerksbetriebe wie uns gar nicht mehr.“

Doch neben dem Nachwuchsproblem machen auch die immer komplizierter werdenden Vorschriften den kleinen Bäckereien das Leben schwer. Die Forderung nach Fettabscheidern, DIN-Normen und Auflagen des Veterinäramtes werden seiner Ansicht nach immer schwieriger umzusetzen. Mit wenigen Leuten sei das manchmal kaum zu schaffen. Das Veterinäramt der Städteregion Aachen erklärt dazu, dass weniger die Vorschriften strenger geworden sind als die Dokumentationspflichten.

Das ist natürlich zeitaufwendig für die Bäcker und trifft genauso auf andere Berufe im Lebensmittelhandwerk zu. Eine der großen Änderungen für die Bäcker war 2014 die Einführung der Pflicht, die gängigsten Allergene auch bei unverpackter Ware zu kennzeichnen. Das heißt, es muss entweder ein Schild ausgehängt werden, oder die Verkäufer müssen mündlich Auskunft über die Allergene geben können.

Dass die Veterinärämter auch die bauliche Instandhaltung mancher Betriebe monieren, ist nur auf den ersten Blick unverständlich: Kaputte Fliesen lassen sich schlechter reinigen, abblätternde Farbe kann mit Lebensmitteln in Kontakt geraten. „Die regelmäßigen und sorgfältigen Kontrollen sorgen dafür, dass Lebensmittel sicher sind“, schreibt das Amt.

Auch die Zahlen der Handwerkskammer zeigen, dass es um die Auszubildenden im Bäckereihandwerk nicht zum Besten steht. Aktuell gibt es in Stolberg niemanden, der zum Bäcker ausgebildet wird, und es gibt nur eine Auszubildende zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk (Schwerpunkt Bäckerei).

Doch im Bereich gemeldeter Betriebe trotzt Stolberg dem Abwärtstrend. Im Vergleich zu 2013 gibt es sogar einen gemeldeten Handwerksbetrieb auf dem Gebiet der Kupferstadt mehr: damals waren es sechs, heute sind es sieben. Im gesamten Kammerbezirk sieht es anders aus: Zwischen 2010 und 2015 sank die Zahl der Bäckereibetriebe von 477 auf 343, und die Zahlen sind weiter auf Talfahrt. Eine gute Nachricht ist jedoch, dass die Zahl der Beschäftigten nicht zurückgegangen, sondern sogar gestiegen ist.

Die Vermutung seitens der Kammer ist, dass es jetzt „größere Betriebe gibt, die vermutlich organisatorisch und wirtschaftlich besser aufgestellt sind.“ Damit einher gehe eine bessere Produktivität. „Das Bäckerhandwerk ist deutlich fitter geworden, um im Wettbewerb mit Discountern bestehen zu können“, schreibt die Kammer. Wer am Sonntagmorgen also seine handwerklich hergestellten Brötchen haben möchte, der wird keine Probleme haben, auch welche zu bekommen.