Neue Zahnstation auf Lesbos : „Es macht mir einfach Spaß zu helfen“
Stolberg Der Dentist Dr. Armin Reinartz baut mit Kollegen eine neue Zahnstation für Flüchtende auf Lesbos auf, damit ein internationales Netzwerk von Zahnärzten wieder behandeln kann.
Als Vorsitzender der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft Breinig engagiert er sich ehrenamtlich für „Glaube, Sitte, Heimat“. Als Zahnarzt hilft Dr. Armin Reinartz Menschen, die keine Heimat mehr haben. Am Donnerstag fliegt er mit seinem Bornheimer Kollegen Dr. Alexander Schafigh auf die griechische Lesbos, wo das Lager Moria durch einen Brand zerstört wurde, um an anderer Stelle eine neue Zahnstation errichten.
„In dem Moria-Lager für fliehende Menschen war die Dentalstation in einem großen Container untergebracht. Dieser konnte wegen der Corona-Pandemie nicht mehr genutzt werden“, beschreibt Reinartz. Die zahnärztliche Ausrüstung sei aus dem Container geräumt worden und so glücklicherweise von dem Feuer verschont worden. „Ironie des Schicksals war aber, dass die verantwortlich zeichnende Wohltätigkeitsorganisation sich aus Lesbos zurückgezogen hat. Seit April 2020 gibt es daher für geflohene Menschen dort keine Zahnbehandlungen mehr.“
Ein erster Erfolg
Ein Zustand, den Reinartz und Schafigh ändern wollen. Seit 2016 übernahmen Zahnärzte als internationale Freiwillige wechselnd die Behandlungen in Moria, und das soll bald in einem neuen Lager auf Lesbos wieder so sein. Schafigh (1. Vorsitzender) und Reinartz (2. Vorsitzende) gründeten Anfang März 2020 den gemeinnützigen Verein Health-Point Foundation Support-Germany als deutsche Niederlassung der internationalen NGO. Wenn sie jetzt nach Lesbos fliegen nehmen sie bereits einen ersten Erfolg mit: „Die Apo Bank hat uns ein mobiles Behandlungsgerät im Wert von rund 12.000 Euro gestiftet“, freut Reinartz sich.
Sobald eine neue Zahnstation zur Verfügung stehe, werde das Netzwerk der freiwilligen Zahnärzte wieder seine unentgeltliche Arbeit aufnehmen können. Für die ehrenamtliche Hilfe zahlen die Zahnärzte sogar: 50 Euro oder Dollar sind pro Tag fällig. „Damit werden Material und Lohnkosten finanziert. Weil die Zahnärzte ständig wechseln, ist die Arbeit des sogenannten Ground-Teams von immenser Bedeutung“, beschreibt Dr. Armin Reinartz. Das Besondere an diesem Team sei, dass es aus geflohenen Menschen besteht, die in dem Lager leben.
Patienten sehr dankbar
„Es sind Assistenten und Übersetzer, die uns Zahnärzte nicht nur unterstützen, sondern regelrecht an die Hand nehmen. Sie arbeiten siebeneinhalb Stunden am Tag und fünf bis sechs Tage die Woche, wofür sie 250 Dollar Lohn im Monat erhalten.“ Die Zusammenarbeit mit dem bestens organisierten Ground-Team sei sehr gut, und „die Menschen sind wirklich froh, eine wichtige Aufgabe zu erfüllen und anderen zu helfen“, betont Reinartz, der vor einem Jahr zum ersten Mal in Moria war. „Die Patienten waren sehr dankbar, und bei goldenem Herbstwetter wirkte das Lager auf den ersten Blick wie ein völlig überfüllter Campingplatz“, erinnert er sich.
In dem für 2800 Flüchtende konzipierten Lager hätten sich im Oktober 2019 circa 13.000 Menschen befunden. Dementsprechend fiel Reinartz' zweiter Blick aus: „Auch die Zelte waren völlig überfüllt; vier bis fünf Menschen lebten in den kleinsten Zelten auf engstem Raum. In den großen Zelten waren 30 bis 40 Personen untergebracht und die Familien nur durch Spanische Wände getrennt. Die sanitären Anlagen waren mehr als überbeansprucht.“ Wie fragil die Situation in dem Lager tatsächlich gewesen sei, habe sich dann später gezeigt.
„Der Winter mit Regen, Sturm und Unwettern hat den Menschen im Lager arg zugesetzt. Als danach dann bis zu 20.000 Flüchtende dort untergebracht wurden, war die humanitäre Situation katastrophal.“ Wie seine Kollegen der Health Point Foundation hofft Reinartz bald auf besser Zustände für die Menschen – samt neuer Zahnstation, in welcher der Breiniger Dentist noch in diesem Jahr einen Freiwilligendienst absolvieren möchte. Zu seinem Engagement ermutigt habe ihn die Aachener Zahnärztin Dr. Heike Heinen, die im Juni mit dem Preis „Aachen-Sozial“ ausgezeichnet wurde.
Eigenes Leben bereichert
Doch was ist seine persönliche Motivation für den ehrenamtliche Einsatz? Seine Antwort offenbart eine Mischung aus Hilfsbereitschaft und gesundem Egoismus. „Es ist offensichtlich, dass die Menschen auf Lesbos Hilfe benötigen, und mir macht es einfach Spaß zu helfen. Es erfüllt mich, und man bekommt viel von den Menschen zurück.“ Auch das Organisatorische und die Vereinsarbeit lägen ihm. „Das sind ebenfalls sinnvolle Tätigkeiten“. Hinzu komme ein weiterer wichtiger Aspekt: „Die Kontakte zu Menschen aus mir zuvor nahezu unbekannten Lebenswelten bereichern mein eigenes Leben ungemein“, sagt Dr. Armin Reinartz.